Versicherer muss bei Unklarheiten im BU-Antrag nachfragen – Schutz für Versicherte!
Sind Sie wirklich in Gefahr, Ihre Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung zu verlieren, wenn Sie ein Feld im Gesundheitsfragebogen vergessen haben? Das OLG Hamm hat jetzt klargestellt: Die Versicherer können sich nicht einfach hinter Formalien verstecken – sie müssen aktiv nachfragen, bevor sie ablehnen!
Der Streit um Gesundheitsfragen bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist Alltag in deutschen Gerichten. Versicherer versuchen immer wieder, Leistungen zu verweigern, wenn im Antrag Gesundheitsangaben unvollständig oder missverständlich sind. Das OLG Hamm musste im Frühjahr 2025 entscheiden: Kann ein Versicherer bei unvollständig ausgefüllten oder lückenhaften Gesundheitsfragen einfach die Leistung verweigern, wenn der Versicherungsagent die Situation erkannt hatte – oder hätte erkennen müssen?
Im zu entscheidenden Fall hatte der Versicherungsnehmer einige Angaben ausgelassen bzw. Fragen übersehen. Die Versicherung war der Ansicht, dadurch seien die Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeitsrente nicht gegeben, weil die Risikoprüfung nicht ordnungsgemäß habe erfolgen können. Doch das OLG Hamm schob dem einen Riegel vor: Der Versicherungsagent sei „Erfüllungsgehilfe“ des Versicherers. Erkennt dieser bei der Antragsaufnahme Unsicherheiten oder offene Gesundheitsfragen, hat er die Pflicht zur Nachfrage und zur Aufklärung (§§ 6, 19 VVG, § 242 BGB). Werden offensichtliche Lücken einfach durchgewunken, kann der Versicherer sich im Nachhinein nicht darauf berufen. Ein Rücktritt, eine Vertragsanfechtung oder eine Leistungsverweigerung wegen vermeintlicher Anzeigepflichtverletzung sind in solchen Konstellationen ausgeschlossen.
Entscheidend ist, dass dem Versicherungsnehmer kein „Arglistvorwurf“ gemacht werden kann, wenn er in Zusammenarbeit mit dem Versicherungsvermittler handelt und für ihn nicht erkennbar ist, dass Angaben fehlen. Das Urteil bestätigt: Die Informations- und Prüfungspflichten des Versicherers beginnen bereits bei der Antragstellung. Versäumnisse, die der Vertreter zu verantworten hat, dürfen nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen.
Für die Praxis bedeutet dies: Lücken oder Irrtümer im Antrag führen nur dann zum Verlust des Rentenanspruchs, wenn dem Versicherungsnehmer nachweislich eine vorsätzliche Täuschung vorliegt.
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OLG Hamm, Urteil vom 25.04.2025, Az. 20 U 120/24
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