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Die Grundsätze zum Werkstattrisiko gelten auch für Kfz-Sachverständige

Der BGH hat seine Grundsätze zum Werkstattrisiko abermals fortentwickelt, die er in seinen Urteilen vom 16. Januar 2024 für überhöhte Kostenansätze einer Werkstatt für die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs aufgestellt hat.

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mühlhausen vom 7. September 2022 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den beklagten Haftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht auf Ersatz restlicher Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall in Anspruch. Bei diesem wurde der Pkw des Geschädigten durch einen Versicherungsnehmer der Beklagten beschädigt. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit.

Der Geschädigte beauftragte im März 2021 die Klägerin, Inhaberin eines Sachverständigenbüros, mit der Begutachtung seines verunfallten Pkw und trat gleichzeitig die diesbezüglichen Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten an die Klägerin ab. Die Beklagte erstattete die Kosten für das Gutachten mit Ausnahme der von der Klägerin in Rechnung gestellten Position "Zuschlag Schutzmaßnahme Corona" in Höhe von 20 €.

Die Klägerin hat diese Rechnungsposition damit begründet, dass sie insbesondere Desinfektionsmittel, Einwegreinigungstücher und Einmalhandschuhe habe anschaffen müssen. Mit der Klage hat sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 20 € nebst Zinsen verlangt.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass keine Kausalität zwischen der Notwendigkeit der medizinischen Schutzmaßnahmen und dem Gutachtenauftrag zu erkennen sei. Ferner sei aus dem Umstand, dass bei der Änderung des JVEG zum 21. Dezember 2020 eine Pauschale für solche Schutzmaßnahmen nicht geregelt worden sei, zu schließen, dass derartige Aufwendungen mit der Erhöhung der Stundensätze des Grundhonorars abgegolten sein sollten. Auch die BVSK-Honorarbefragung 2020 berücksichtige eine Pauschale nicht. Weiter diene die Desinfektion nicht der Schadensbeseitigung, sondern coronabedingt dem Schutz der Mitarbeiter; sie seien daher Teil der pandemiebedingten ordnungsgemäßen Arbeitsplatzgestaltung.

II.

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen zur Ersatzfähigkeit des dem Geschädigten für die Begutachtung des beschädigten Fahrzeugs in Rechnung gestellten "Zuschlags Schutzmaßnahme Corona" (im Folgenden: Corona-Pauschale).

1. Dem Geschädigten und Zedenten stand dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens aus § 7 StVG, § 115 VVG zu. Denn diese Kosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. nur Senatsurteile vom 7. Februar 2023 - VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 48; vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 324/21, NJW 2023, 1057 Rn. 8; jeweils mwN). Dieser Anspruch ist auf die Klägerin übergegangen, § 398 BGB.

2. Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (sog. "Ersetzungsbefugnis"). Im Ausgangspunkt ist sein Anspruch auf Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrags gerichtet (Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22, juris Rn. 10). Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (vgl. nur Senatsurteile vom 7. Februar 2023 - VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 52; vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 324/21, NJW 2023, 1057 Rn. 10; jeweils mwN).

3. Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung). Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl. nur Senatsurteile vom 7. Februar 2023 - VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 53; vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 324/21, NJW 2023, 1057 Rn. 11; jeweils mwN).

4. Ferner gilt für die Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB das Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Der Geschädigte soll zwar volle Herstellung verlangen können (Totalreparation), aber an dem Schadensfall nicht "verdienen" (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19, VersR 2020, 174 Rn. 11; vom 18. Oktober 2011 - VI ZR 17/11, NJW 2012, 50 Rn. 6 mwN). Die dem Geschädigten zur Verfügung zu stellenden Mittel müssen so bemessen sein, dass er, sofern er wirtschaftlich vernünftig verfährt, durch die Ausübung der Ersetzungsbefugnis weder ärmer noch reicher wird, als wenn der Schädiger den Schaden gemäß § 249 Abs. 1 BGB beseitigt (Senatsurteile vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22, juris Rn. 13; vom 26. April 2022 - VI ZR 147/21, NJW 2022, 2840 Rn. 12; vom 29. Oktober 1974 - VI ZR 42/73, BGHZ 63, 182, 184, juris Rn. 9).

5. Darüber hinaus sind die Grundsätze zum Werkstattrisiko, die der Senat in seinem Urteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22 für überhöhte Kostenansätze einer Werkstatt für die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs fortentwickelt hat, auch auf überhöhte Kostenansätze eines Kfz-Sachverständigen anwendbar, den der Geschädigte mit der Begutachtung seines Fahrzeugs zur Ermittlung des unfallbedingten Schadens beauftragt hat.

a) Übergibt der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug an eine Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne dass ihn insoweit ein (insbesondere Auswahl- oder Überwachungs-) Verschulden trifft, so sind dadurch anfallende Reparaturkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger aufgrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung auch dann vollumfänglich ersatzfähig, wenn sie etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt unangemessen, mithin nicht erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind; in einem solchen Fall gegebenenfalls bestehende Ansprüche des Geschädigten gegen den Werkstattbetreiber spielen nur insoweit eine Rolle, als der Schädiger im Rahmen des Vorteilsausgleichs deren Abtretung verlangen kann. Das Werkstattrisiko verbleibt in diesem Fall - wie bei § 249 Abs. 1 BGB - auch im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger beim Schädiger (st. Rspr.; Senatsurteile vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22, juris Rn. 14; vom 26. April 2022 - VI ZR 147/21, NJW 2022, 2840 Rn. 12 mwN; vom 29. Oktober 1974 - VI ZR 42/73, BGHZ 63, 182, 184, juris Rn. 9 ff.).

Dies gilt für alle Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung, deren Entstehung dem Einfluss des Geschädigten entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Ersatzfähig sind danach nicht nur solche Rechnungspositionen, die ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise unangemessen, mithin nicht zur Herstellung erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind. Ersatzfähig im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger sind vielmehr auch diejenigen Rechnungspositionen, die sich auf - für den Geschädigten nicht erkennbar - tatsächlich nicht durchgeführte einzelne Reparaturschritte und -maßnahmen beziehen (Senatsurteile vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22, juris Rn. 16 und - VI ZR 239/22, juris Rn. 14).

b) Diese Grundsätze lassen sich auf die Kosten der Begutachtung eines verunfallten Fahrzeugs zur Schadensermittlung übertragen. Den Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten sind nicht nur in dem werkvertraglichen Verhältnis mit einer Reparaturwerkstatt, sondern auch in dem werkvertraglichen Verhältnis mit einem Kfz-Sachverständigen Grenzen gesetzt, vor allem, sobald er den Gutachtensauftrag erteilt und das Fahrzeug in die Hände des Gutachters gegeben hat. Auch im Rahmen der Schadensermittlung als Vorstufe der Schadensbeseitigung können Mehraufwendungen anfallen, deren Entstehung dem Einfluss des Geschädigten entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensermittlung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Ersatzfähig im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger sind demnach auch im Bereich der Schadensermittlung diejenigen Rechnungspositionen, die ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise unangemessen, mithin nicht zur Herstellung erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind. Bei einem Kfz-Sachverständigen, der sein Grundhonorar nicht nach Stunden, sondern nach Schadenshöhe berechnet (vgl. dazu Senatsurteile vom 24. Oktober 2017 - VI ZR 61/17, NJW 2018, 693 Rn. 24; vom 23. Januar 2007 - VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 Rn. 20; BGH, Urteil vom 4. April 2006 - X ZR 122/05, BGHZ 167, 139 Rn. 18), kommt ein für den Geschädigten nicht erkennbar überhöhter Ansatz beispielsweise auch dann in Betracht, wenn der Gutachter den Schaden unzutreffend zu hoch einschätzt (vgl. dazu Senatsurteil vom 24. Oktober 2017 - VI ZR 61/17, NJW 2018, 693 Rn. 25). Diesbezügliche Mehraufwendungen sind dann ebenfalls ersatzfähig, ebenso Rechnungspositionen, die sich auf - für den Geschädigten nicht erkennbar - tatsächlich nicht durchgeführte Maßnahmen im Zusammenhang mit der Begutachtung beziehen. Auch hier kann aber der Schädiger im Rahmen des Vorteilsausgleichs die Abtretung gegebenenfalls bestehender Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen verlangen.

c) Freilich führen diese Grundsätze nicht dazu, die Rechnung des Sachverständigen dem nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB für die Begutachtung geschuldeten Betrag ungeprüft gleichzusetzen. So müssen die Kosten der Begutachtung unfallbedingt sein (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22, juris Rn. 18). Ferner dürfen an den vom Geschädigten zu führenden Nachweis, dass er wirtschaftlich vorgegangen ist, also bei der Beauftragung, aber auch bei der Überwachung des Sachverständigen den Interessen des Schädigers an Geringhaltung des Schadensermittlungsaufwandes Rechnung getragen hat, nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22, juris Rn. 19). So trifft den Geschädigten eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsschluss geforderten bzw. später berechneten Preise. Verlangt der Sachverständige bei Vertragsschluss Preise, die - für den Geschädigten erkennbar - deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erweisen (Auswahlverschulden). Ein Überwachungsverschulden kommt beispielsweise in Betracht, wenn die Rechnung - für den Geschädigten erkennbar - von der Honorarvereinbarung abweicht oder wenn der Sachverständige für den Geschädigten erkennbar überhöhte Nebenkosten angesetzt hat (vgl. Senatsurteile vom 24. Oktober 2017 - VI ZR 61/17, NJW 2018, 693 Rn. 27; vom 26. April 2016 - VI ZR 50/15, VersR 2016, 1133 Rn. 14). Der Geschädigte kann dann nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen, deren Höhe der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu bemessen hat (vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 2023 - VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 54 mwN).

d) Die Anwendung der genannten Grundsätze zum Werkstattrisiko auf die Sachverständigenkosten setzt nicht voraus, dass der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen bereits bezahlt hat. Soweit der Geschädigte die Rechnung nicht beglichen hat, kann er - will er das Werkstattrisiko bzw. hier das Sachverständigenrisiko nicht selbst tragen - die Zahlung der Sachverständigenkosten allerdings nicht an sich, sondern nur an den Sachverständigen verlangen, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger (dieses Risiko betreffender) Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen. Es gelten auch insoweit dieselben Grundsätze wie für die Instandsetzung des beschädigten Fahrzeugs (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22, juris Rn. 20 ff.). Soweit der Senat diese Option in seiner bisherigen Rechtsprechung zur Ersatzfähigkeit von Sachverständigenkosten nicht eröffnet hat, hält der Senat an dieser Rechtsprechung nicht fest.

aa) Hat der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen nicht (vollständig) beglichen, so ist zu berücksichtigen, dass ein Vorteilsausgleich durch Abtretung etwaiger Gegenansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen an den Schädiger aus Rechtsgründen nicht gelingen kann, wenn der Geschädigte auch nach Erhalt der Schadensersatzleistung vom Schädiger von der (Rest-)Zahlung an den Sachverständigen absieht. Zur Begründung wird auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22 (juris Rn. 22-24) verwiesen, die hier entsprechend gelten.

bb) Aus diesem Grund kann der Geschädigte, der sich auf das Sachverständigenrisiko beruft, aber die Rechnung des Sachverständigen noch nicht (vollständig) bezahlt hat, von dem Schädiger Zahlung des von dem Sachverständigen in Rechnung gestellten (Rest-)Honorars nur an den Sachverständigen und nicht an sich selbst verlangen, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger (das Sachverständigenrisiko betreffender) Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22, juris Rn. 25; zum Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den Sachverständigen wegen Aufklärungspflichtverletzung bei überhöhtem Honorar vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2017 - VII ZR 95/16, BGHZ 215, 306 Rn. 24 ff.). Nur so stellt er sicher, dass sich der Schädiger und nicht er selbst über unangemessene bzw. unberechtigte Rechnungsposten mit dem Sachverständigen auseinanderzusetzen hat.

(Vollstreckungs-)Gläubiger bleibt auch in diesem Fall allein der Geschädigte. Der Sachverständige erhält lediglich eine Empfangszuständigkeit (zur Rechtskraftwirkung und zum Regress des Schädigers gegenüber dem Sachverständigen vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22, juris Rn. 26).

e) Wählt der Geschädigte bei unbezahlter Rechnung hingegen - auch nach gerichtlichem Hinweis - Zahlung an sich selbst, so trägt er und nicht der Schädiger das Sachverständigenrisiko. Er hat dann im Schadensersatzprozess gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer gegebenenfalls zu beweisen, dass die abgerechneten Maßnahmen im Zusammenhang mit der Begutachtung tatsächlich durchgeführt wurden und dass die Begutachtungskosten nicht etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit, wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise des Sachverständigen oder - bei Berechnung des Honorars nach der Höhe des Schadens - wegen unzutreffender Schadensermittlung nicht erforderlich sind (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22, juris Rn. 27).

f) Schließlich stünde es dem Geschädigten im Rahmen von § 308 Abs. 1 ZPO frei, vom Schädiger statt Zahlung Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber dem Sachverständigen zu verlangen. In diesem Fall richtete sich sein Anspruch grundsätzlich und bis zur Grenze des Auswahl- und Überwachungsverschuldens danach, ob und in welcher Höhe er mit der Verbindlichkeit, die er gegenüber dem Sachverständigen eingegangen ist, beschwert ist. Es wäre also die Berechtigung der Forderung, von der freizustellen ist, und damit die werkvertragliche Beziehung zwischen Geschädigtem und Sachverständigen maßgeblich (Senatsurteil vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 324/21, NJW 2023, 1057 Rn. 12 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. November 2006 - I ZR 257/03, NJW 2007, 1809 Rn. 20). Auch in diesem Fall trüge der Geschädigte das Sachverständigenrisiko somit selbst (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22, juris Rn. 28).

6. Hat sich der Sachverständige, wie hier die Klägerin, die Schadensersatzforderung des Geschädigten in Höhe der Honorarforderung abtreten lassen, kann er sich als Zessionar allerdings nicht auf das Sachverständigenrisiko berufen. Die diesbezüglich im Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 239/22 (juris Rn. 23-25) entwickelten Grundsätze gelten entsprechend für den Sachverständigen:

a) Nach § 399 Alt. 1 BGB kann eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. Eine solche Inhaltsänderung wird auch dann angenommen, wenn ein Gläubigerwechsel zwar rechtlich vorstellbar, das Interesse des Schuldners an der Beibehaltung einer bestimmten Gläubigerposition aber besonders schutzwürdig ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 8. April 2020 - VIII ZR 130/19, NJW-RR 2020, 779 Rn. 76; vom 30. Oktober 2009 - V ZR 42/09, NJW 2010, 1074 Rn. 27; vom 24. Oktober 1985 - VII ZR 31/85, BGHZ 96, 146, 148 f., juris Rn. 16 f.; vgl. ferner Kieninger in MünchKomm BGB, 9. Aufl., § 399 Rn. 24; Rn. 22; Staudinger/Busche, BGB [2022], § 399 Rn. 22; jeweils mwN).

Dieser Rechtsgedanke greift hier insofern Platz, als sich der Geschädigte im Verhältnis zum Schädiger auch bei unbeglichener Rechnung auf das Sachverständigenrisiko berufen kann, wenn er Zahlung an den Sachverständigen verlangt. Denn insoweit hat der Schädiger ein besonders schutzwürdiges Interesse daran, dass der Geschädigte sein Gläubiger bleibt. Allein im Verhältnis zu diesem ist nämlich die Durchführung des Vorteilsausgleichs in jedem Fall möglich, weil der Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger und die im Wege des Vorteilsausgleichs abzutretenden - etwaigen - Ansprüche gegen den Sachverständigen in einer Hand (beim Geschädigten) liegen. Dies ist nach der Abtretung der Schadensersatzforderung an den Sachverständigen nicht mehr der Fall. Der Schädiger verlöre daher regelmäßig das Recht, seine eigene Zahlungsverpflichtung nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen zu erfüllen. Bei einer - wie hier - erfolgten Abtretung an den Sachverständigen ist bei wertender Betrachtung zudem in den Blick zu nehmen, dass die Grundsätze zum Sachverständigenrisiko nach ihrer dogmatischen Herleitung nur dem Geschädigten, nicht aber dem Sachverständigen selbst zugutekommen sollen (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 239/22, juris Rn. 23 f.).

b) Nach all dem lässt sich die Option des Geschädigten, sich auch bei unbeglichener Rechnung auf das Sachverständigenrisiko zu berufen, nicht im Wege der Abtretung auf Dritte übertragen. Im Ergebnis trägt daher bei Geltendmachung des Anspruchs aus abgetretenem Recht stets der Zessionar das Sachverständigenrisiko. Im Schadensersatzprozess gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer hat folglich der Zessionar - hier der klagende Sachverständige - darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die abgerechneten Maßnahmen im Rahmen der Begutachtung tatsächlich durchgeführt wurden und dass die geltend gemachten Begutachtungskosten nicht etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit, wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise des Sachverständigen oder - bei Berechnung des Honorars nach der Höhe des Schadens - wegen unzutreffender Schadensermittlung nicht erforderlich waren (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 239/22, juris Rn. 25).

c) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin, die aus abgetretenem Recht des Geschädigten vorgeht, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die mit der Pauschale abgerechneten Corona-Schutzmaßnahmen tatsächlich durchgeführt wurden und objektiv erforderlich waren (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 51/23, juris Rn. 18) und dass die Pauschale auch ihrer Höhe nach nicht über das Erforderliche hinausgeht.

Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann der Anspruch auf Erstattung der Corona-Pauschale allerdings nicht verneint werden.

aa) Entgegen der nicht näher begründeten Ansicht des Berufungsgerichts fehlt es nicht an der (haftungsausfüllenden) Kausalität zwischen der unfallbedingten Beschädigung des Fahrzeugs und etwaigen im Rahmen der Begutachtung durchgeführten Corona-Schutzmaßnahmen. Die unfallbedingte Beschädigung des Fahrzeugs kann nicht im Sinne der Äquivalenztheorie hinweggedacht werden, ohne dass die Begutachtung zur Schadensermittlung und die dabei durchgeführten Corona-Schutzmaßnahmen entfielen. Erfolgte - wie hier - die Begutachtung während der Corona-Pandemie, war die Durchführung von Corona-Schutzmaßnahmen im Rahmen der Begutachtung grundsätzlich auch adäquat-kausal.

bb) Bei der Beurteilung, ob die durchgeführten Corona-Schutzmaßnahmen objektiv erforderlich waren, ist zu berücksichtigen, dass einem Sachverständigen als Unternehmer gewisse Entscheidungsspielräume hinsichtlich seines individuellen Hygienekonzepts während der Corona-Pandemie zuzugestehen sind (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 324/21, NJW 2023, 1057 Rn. 16). Dabei geht es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht nur um den Schutz des Sachverständigen und seiner Mitarbeiter vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus, sondern auch um den Schutz, den der Auftraggeber der jeweiligen Begutachtung während der Pandemie im Hinblick auf Maßnahmen, die in seinem Fahrzeug durchgeführt werden, üblicherweise bzw. aufgrund der Gepflogenheiten während der Pandemie erwarten darf; diesen Erwartungen zu entsprechen ist ein berechtigtes Anliegen des Sachverständigen.

cc) Es begegnet entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keinen grundsätzlichen Bedenken, dass die Klägerin die Corona-Pauschale gesondert berechnet hat. Einem Kfz-Sachverständigen steht es frei, neben einem Grundhonorar für seine eigentliche Sachverständigentätigkeit Nebenkosten, auch in Form von Pauschalen, für tatsächlich angefallene Aufwendungen abzurechnen (vgl. Senatsurteil vom 24. Oktober 2017 - VI ZR 61/17, NJW 2018, 693 Rn. 27; BGH, Urteil vom 4. April 2006 - X ZR 80/05, NJW-RR 2007, 56 Rn. 20). Die betriebswirtschaftliche Entscheidung, ob die für das Hygienekonzept in der Corona-Pandemie anfallenden Kosten gesondert ausgewiesen oder als interne Kosten in die Kalkulation des Grundhonorars "eingepreist" werden, steht dabei grundsätzlich dem Sachverständigen als Unternehmer zu; es darf nur nicht beides kumulativ erfolgen. Angesichts der nur vorübergehenden Natur jedenfalls der verschiedenen Phasen der Corona-Pandemie mag es sogar ein Ausdruck des Bemühens um Kostentransparenz sein, die Pauschale für die Dauer ihres Anfallens gesondert auszuweisen (Senatsurteil vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 324/21, NJW 2023, 1057 Rn. 16; vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2006 - X ZR 80/05, NJW-RR 2007, 56 Rn. 20).

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es unerheblich, ob nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) Aufwendungen für Corona-Schutzmaßnahmen mit dem Grundhonorar abgegolten sein sollen oder gesondert abgerechnet werden dürfen. Denn eine Übertragung der Grundsätze des JVEG für die Vergütung gerichtlicher Sachverständiger auf Privatgutachter scheidet grundsätzlich aus (vgl. Senatsurteil vom 23. Januar 2007 - VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 Rn. 21; BGH, Urteil vom 4. April 2006 - X ZR 122/05, BGHZ 167, 139 Rn. 19). Zwar darf der Tatrichter, wenn ein Privatgutachter überhöhte Nebenkosten abgerechnet hat, zur Schätzung der tatsächlich erforderlichen Kosten nach § 287 ZPO als Orientierungshilfe die Bestimmungen des JVEG oder geeignete Listen heranziehen (Senatsurteile vom 26. April 2016 - VI ZR 50/15, NJW 2016, 3092 Rn. 18 ff., 26; vom 24. Oktober 2017 - VI ZR 61/17, NJW 2018, 693 Rn. 29 f.). Das bedeutet aber nicht, dass nur deshalb, weil das JVEG oder Listen wie die BVSK-Honorarbefragung bestimmte Nebenkosten nicht ausweisen, diese nicht abgerechnet werden dürfen.

dd) Für die Frage der Erforderlichkeit der in Rechnung gestellten Corona-Pauschale im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kommt es entgegen der Ansicht beider Parteien im Streitfall nicht darauf an, ob und in welcher Höhe hierfür werkvertraglich eine Vergütung geschuldet ist. Dies spielte nur dann eine Rolle, wenn Streitgegenstand ein Anspruch des Geschädigten auf Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber dem Sachverständigen wäre, wie es in dem dem Senatsurteil vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 324/21 (NJW 2023, 1057) zugrundeliegenden Sachverhalt der Fall war (siehe oben unter 5. f). Darum geht es vorliegend aber nicht.

III.

Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).


BGH, Urteil vom 12. März 2024 - VI ZR 280/22

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2025

Totalschaden – und jetzt? Warum Sie Ihr Unfallfahrzeug schnell und klug veräußern sollten

Ein wirtschaftlicher Totalschaden ist belastend – aber er eröffnet auch klare Handlungsmöglichkeiten. Wer zügig und richtig vorgeht, vermeidet Streit mit der gegnerischen Versicherung, reduziert Folgekosten (z. B. Stand- und Transportkosten) und beschleunigt die Auszahlung. Entscheidend ist: Lassen Sie ein belastbares Gutachten erstellen, in dem der Sachverständige drei konkrete Restwertangebote vom allgemeinen regionalen Markt einholt – und verwenden Sie für die Veräußerung den höchsten dieser drei Werte. Dokumentieren Sie den Verkauf schriftlich. Wurde Ihr Fahrzeug abgeschleppt, fragen Sie das Abschleppunternehmen, ob ein Ankauf zum höchsten regionalen Restwert möglich ist; so können Sie teure Weitertransporte vermeiden und die Abwicklung spürbar vereinfachen. Diese Vorgehensweise entspricht der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Wirtschaftlichkeitsgebot und zur subjektbezogenen Schadensbetrachtung.

Die drei Grundpfeiler: Wirtschaftlichkeitsgebot, regionaler Markt, drei Restwertangebote

  • Wirtschaftlichkeitsgebot: Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB muss der Geschädigte den wirtschaftlich vernünftigen Weg der Schadensbehebung wählen. Das gilt ausdrücklich auch für die Verwertung des Unfallfahrzeugs (Restwert). Der Bundesgerichtshof (BGH) betont, dass die Schadensersatzpflicht „von vornherein nur insoweit“ besteht, als sich die Verwertung im Rahmen wirtschaftlicher Vernunft hält. Zugleich erfolgt die Bewertung subjektbezogen: Es kommt auf Ihre Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten in Ihrer konkreten Lage an.

  • Allgemeiner regionaler Markt: Der Geschädigte leistet dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Regelfall Genüge, wenn er sein Fahrzeug zu dem Preis veräußert, den ein von ihm beauftragter Sachverständiger als Restwert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Eigene Marktforschung überregional oder in Internet-Restwertbörsen schulden Sie grundsätzlich nicht.

  • Drei konkrete Angebote: Der Sachverständige hat als belastbare Schätzgrundlage regelmäßig drei Restwertangebote einzuholen und im Gutachten konkret zu benennen. Diese Dreizahl entspricht der Empfehlung des 40. Deutschen Verkehrsgerichtstages und ist vom BGH mehrfach bestätigt worden.

Diese drei Eckpfeiler sind in jüngster Zeit erneut vom BGH bekräftigt worden. In der Entscheidung vom 25.03.2025 (VI ZR 174/24) hebt der BGH hervor, dass die Restwertfrage Teil des Wirtschaftlichkeitsgebots ist und die individuelle Situation des Geschädigten zu berücksichtigen bleibt; zugleich genügt der Geschädigte regelmäßig, wenn er auf ein ordnungsgemäßes Gutachten mit konkreter regionaler Restwertermittlung baut.

Schnell handeln – aber richtig: Warum Tempo bei der Veräußerung hilft

Je schneller nach Gutachtenerstellung veräußert wird, desto eher vermeiden Sie Streitpunkte wie Standkosten, Verzögerungen und sich ändernde Marktpreise. Die Rechtsprechung stellt klar, dass Sie grundsätzlich nicht warten müssen, bis die gegnerische Versicherung „vielleicht“ ein höheres Restwertangebot übersendet. Solange ein korrektes, regionales Dreierangebot im Gutachten vorliegt, sind Sie berechtigt, sofort zum gutachterlich ermittelten (höchsten) Restwert zu verkaufen.

Der BGH hat wiederholt betont, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, den Versicherer vorab um Stellungnahme zu bitten oder überregional/internetbasiert „bessere“ Angebote abzuwarten; die Abwicklung in eigener Regie ist gesetzlich gewollt. Dies wurde u. a. in den Entscheidungen VI ZR 358/18 (2019) und VI ZR 211/22 (2024) betont.

Ein praktisches Gegenbeispiel, wann ausnahmsweise ein Zuwarten geboten sein kann, ist selten – und dann nur, wenn die Versicherung vor dem Verkauf ein konkretes, zumutbares, verbindliches und oft sogar mit kostenloser Abholung verbundenes Höchstangebot vorlegt. Liegt ein solches annahmefähiges, höheres Angebot rechtzeitig vor, kann regelmäßig die Pflicht bestehen, es aus Schadensminderungsgründen zu berücksichtigen. Fehlt es daran, dürfen Sie verkaufen.

Der „Dreiklang“ im Gutachten: Drei regionale Restwertangebote – höchstes Angebot wählen

  • Warum drei? Die Dreizahl verhindert Zufallsergebnisse („Ausreißer“) und bildet den regionalen Markt zuverlässig ab. Deshalb verlangt der BGH, dass der Sachverständige regelmäßig drei konkrete regionale Angebote einholt und die Anbieter nennt.

  • Regionalität: Angebote müssen dem für Sie ohne weiteres zugänglichen regionalen Markt entstammen; internetbasierte Spezialbörsen sind regelmäßig kein Muss. Treffen die drei Angebote diese regionalen Anforderungen, genügt es, den höchsten dieser drei Werte als Restwert zugrunde zu legen.

  • Schriftliche Dokumentation: Halten Sie Angebot, Annahme und Kaufvertrag schriftlich fest (Kaufvertrag mit Datum, Anbieter, Betrag, etwaiger Abholungszusagen). Diese Dokumentation sichert den Nachweis der ordnungsgemäßen, wirtschaftlich vernünftigen Verwertung.

Auch Obergerichte folgen diesem Dreiklang: So hat das OLG Hamm bestätigt, dass der Geschädigte dem Wirtschaftlichkeitspostulat genügt, wenn er eines der drei im Gutachten genannten Restwertangebote – und zwar das höchste – realisiert. Maßgeblich ist der regionale Markt; auf internetbasierte Spezialbörsen kann der Geschädigte regelmäßig nicht verwiesen werden.

Abschleppunternehmen einbinden: Transportkosten vermeiden, Abwicklung erleichtern

Ist Ihr Fahrzeug abgeschleppt worden, lohnt stets die Nachfrage beim Abschleppunternehmen, ob ein Ankauf zum höchsten regionalen Restwert möglich ist. Das ist oft pragmatisch: Es erspart weitergehende Transport- und Standkosten, die sonst die Regulierung belasten können, und beschleunigt die Abwicklung vor Ort. Zudem enthalten manche Restwertangebote – auch aus der Versicherersphäre – ausdrücklich die Zusage einer kostenfreien Abholung; das zeigt, wie bedeutsam Logistik- und Transportkosten in der Restwertpraxis sind. Prüfen Sie daher stets, ob das Abschleppunternehmen die Abholung/Übernahme vor Ort mit abdeckt.

Wichtig: Bleiben Sie beim regionalen Markt. Wenn das Abschleppunternehmen als regionaler Anbieter auftritt und ein in das Dreier-Set passendes, verbindliches Höchstangebot stellt, kann der Verkauf dorthin besonders wirtschaftlich und komfortabel sein. Das beschleunigt die Auszahlung, vermeidet Doppel- oder Weitertransportkosten und hält Sie zugleich auf der sicheren Seite der Rechtsprechung.

Schriftlich verkaufen – warum die Form wichtig ist

Der Verkauf sollte stets schriftlich erfolgen: Es belegt Preis, Datum, Käuferdaten, Abholungsmodalitäten und ggf. die Anrechnung des Restwerts. Diese Klarheit hilft bei der anschließenden Regulierung, insbesondere wenn die Versicherung Fragen zur Höhe des Restwerts stellt oder behauptet, es habe ein höheres (später vorgelegtes) Angebot gegeben. Auch bei einem späteren Streit über den Zugang von Versichererangeboten zeigt eine lückenlose Dokumentation, dass Sie zügig und wirtschaftlich gehandelt haben.

Was gilt, wenn die Versicherung ein höheres Angebot schickt?

  • Vor dem Verkauf: Erhalten Sie vor der Veräußerung ein konkretes, zumutbares, verbindliches Höchstangebot (typischerweise mit kostenfreier Abholung, klarer Preisangabe und Ansprechpartner), kann ausnahmsweise eine Pflicht bestehen, dieses Angebot anzunehmen (Schadensminderungspflicht). Fehlt es an Verbindlichkeit, Zumutbarkeit oder rechtzeitiger Übermittlung, dürfen Sie zum höchsten regionalen Dreierangebot verkaufen.

  • Nach dem Verkauf: Haben Sie bereits veräußert, ist der erzielte Restwert maßgeblich. Ein nachträglich übersandtes „höheres“ Angebot bleibt regelmäßig unbeachtlich. Das Risiko, dass nach der Veräußerung andere (später) mehr geboten hätten, trägt grundsätzlich nicht der Geschädigte.

  • Nur regional und konkret zählt: Mehrfach hat die Rechtsprechung Internet-Höchstgebote verworfen, wenn sie nicht dem regionalen Markt entsprachen. Der BGH verlangt, dass die Restwertermittlung regional erfolgt und der Geschädigte nicht auf einen Sondermarkt im Internet verwiesen wird – es sei denn, besondere Konstellationen (z. B. professionelle Marktteilnehmer) rechtfertigen ausnahmsweise mehr.

Sonderfälle: Leasing, Sicherungsübereignung, gewerbliche Marktkenntnis

Die Rechtsprechung bleibt subjektbezogen: In besonderen Konstellationen – z. B. bei Leasinggeberinnen, Autohaus-Geschädigten oder Sicherungsnehmerinnen (Banken) – können strengere Anforderungen an die Restwertrecherche gelten, insbesondere wenn diese Akteure typischerweise über erweiterte Marktkenntnisse verfügen und ihnen die Nutzung überregionaler oder internetbasierter Restwertbörsen zumutbar ist. In der aktuellen BGH-Entscheidung vom 25.03.2025 (VI ZR 174/24) hat der Senat betont, dass bei gewerblich mit dem Automarkt vertrauten Eigentümern (hier: Sicherungsnehmerin/Bank) die Messlatte höher liegen kann; fehlt dem Geschädigten (Kläger) hierzu Vortrag, kann der Versicherer mit einem höheren (internetbasierten) Angebot durchdringen. Ergebnis dort: Anrechnung eines höheren, internetbasierten Restwerts. Für private Geschädigte ohne besondere Marktkenntnis gilt diese Verschärfung regelmäßig nicht.

Gleichzeitig hat der BGH (zuletzt am 02.07.2024 – VI ZR 211/22 – und am 25.06.2019 – VI ZR 358/18) den Grundsatz bestätigt: Der private Geschädigte darf grundsätzlich auf die korrekt ermittelte regionale Dreier-Restwertbasis vertrauen, ohne überregional zu recherchieren oder die Versicherung abzuwarten. Das Risiko einer „besseren“ internetbasierten Verwertung trägt dann nicht er.

Aktuelle Rechtsprechung im Überblick – was Sie wissen sollten

  • BGH, Urteil vom 25.03.2025 – VI ZR 174/24: Wirtschaftlichkeitsgebot gilt auch für den Restwert; subjektbezogene Betrachtung bleibt maßgeblich. Private Geschädigte genügen dem Gebot regelmäßig durch Verkauf zum im Gutachten regional und konkret ermittelten Restwert (drei Angebote). In Konstellationen mit gewerblich versierten Eigentümern (z. B. Sicherungsnehmerin/Bank) kann ein höheres, internetbasiertes Angebot maßgeblich sein, wenn die strengeren Maßstäbe greifen und der Kläger hierzu nicht hinreichend vorträgt.

  • BGH, st. Rspr. – u. a. 02.07.2024 – VI ZR 211/22; 25.06.2019 – VI ZR 358/18; 27.09.2016 – VI ZR 673/15; 13.10.2009 – VI ZR 318/08: Der Geschädigte genügt regelmäßig, wenn er auf ein korrektes Gutachten mit drei regionalen Angeboten baut; keine Pflicht zur Internetrecherche oder zum Abwarten eines etwaigen Versichererangebots vor Veräußerung. .

  • OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2023 – 11 U 66/22: Realisiert der Geschädigte das höchste der drei im Gutachten ermittelten regionalen Angebote, genügt er dem Wirtschaftlichkeitsgebot; ein später vorgelegtes überregionales Angebot ist unbeachtlich, wenn es weder regional noch rechtzeitig ist.

  • OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2018 – 1 U 55/17: Internetbasierte Einzelgebote ersetzen nicht die Ermittlung des regionalen Marktes anhand von mindestens drei Angeboten; Ausreißer sind abzufangen.

  • Praxishinweise aus der Rechtsprechung: Der Geschädigte darf sogleich zum gutachterlich ermittelten Restwert verkaufen; bloße Ankündigungen der Versicherung, „bald“ ein höheres Angebot zu schicken, genügen nicht. Entscheidend sind konkrete, rechtzeitig übermittelte, annahmefähige Angebote; ansonsten bleibt der Weg frei für die sofortige Veräußerung zum höchsten regionalen Dreierangebot.

Praxisleitfaden: So gehen Sie Schritt für Schritt vor

  1. Sofort Sachverständigen beauftragen

  • Ziel: Feststellung Totalschaden, Wiederbeschaffungswert, Restwert.

  • Achten Sie darauf, dass der Gutachter drei regionale Restwertangebote einholt, die Anbieter konkret benennt (mit Kontaktdaten) und die Regionalität nachvollziehbar ist. Nur so können Sie rechtssicher verkaufen.

  1. Höchstes der drei regionalen Restwertangebote zugrunde legen

  • Sobald das Gutachten vorliegt, dürfen Sie den Verkauf zu diesem Höchstrestwert realisieren. Das genügt dem Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn das Gutachten die korrekte Wertermittlung erkennen lässt.

  1. Schriftlich verkaufen

  • Halten Sie Kaufpreis, Datum, Käufer, Abholmodalität, Fahrzeugdaten und ggf. Zusagen (kostenlose Abholung) schriftlich fest. Diese Dokumentation erleichtert die Regulierung und wehrt spätere Einwände ab.

  1. Abschleppunternehmen ansprechen

  • Wenn das Fahrzeug bereits dort steht: Fragen Sie nach einem Ankauf zum höchsten regionalen Restwert. Häufig sind Logistik/Abholung schon organisiert; manche Angebote enthalten sogar eine kostenlose Abholung – das kann teure Weitertransporte vermeiden und die Abwicklung beschleunigen.

  1. Versicherung informieren – aber nicht ausbremsen lassen

  • Sie sind nicht verpflichtet, vor Verkauf auf (mögliche) Versichererangebote zu warten. Kommt vor Veräußerung ein konkretes, verbindliches, zumutbares Höchstangebot, prüfen Sie es ernsthaft – sonst dürfen Sie zum höchsten regionalen Dreierangebot verkaufen.

  1. Belege sammeln

  • Gutachten, drei Angebote, Kaufvertrag, Abholbestätigung, Zahlungsnachweis, Abschlepp-/Standkosten: Lückenlose Unterlagen beugen Streit vor und stützen Ihre Position.

Typische Einwände der Versicherung – und wie die Rechtsprechung darauf reagiert

  • „Sie hätten auf unser besseres Angebot warten müssen.“
    Antwort: Ohne konkretes, verbindliches, rechtzeitig übermitteltes Angebot trifft Sie grundsätzlich keine Wartepflicht; Sie dürfen sofort zum höchsten regionalen Restwert veräußern. Bloße Ankündigungen („wir prüfen“, „bald Angebot“) genügen nicht.

  • „Der regionale Markt ist zu klein – Internetbörsen bringen mehr.“
    Antwort: Der BGH verlangt grundsätzlich den regionalen Markt. Auf überregionale oder internetbasierte Sondermärkte müssen private Geschädigte ohne besondere Marktkenntnis nicht ausweichen. Anders nur in Sonderkonstellationen (Leasinggeber, Autohaus, Bank als Sicherungsnehmerin) mit spezifischer Marktnähe.

  • „Das Gutachten nennt keine drei regionalen Angebote/ist unklar.“
    Antwort: Ein ordnungsgemäßes Gutachten muss drei regionale Angebote konkret benennen. Fehlt das, kann das Vertrauen eingeschränkt sein; hier empfiehlt sich die Nachbesserung durch den Sachverständigen. Liegen die drei Angebote vor und sind regional, genügt der Verkauf zum höchsten Angebot.

  • „Unser Angebot war höher und enthielt kostenlose Abholung – das hätten Sie annehmen müssen.“
    Antwort: Nur wenn dieses Angebot rechtzeitig vor dem Verkauf und für Sie zumutbar sowie verbindlich war, kann eine Annahmepflicht bestehen. Andernfalls bleibt Ihr Verkauf zum höchsten regionalen Dreierangebot rechtmäßig. Beachten Sie: Die kostenlose Abholung zeigt, dass Logistik eine entscheidende Rolle spielt – sie kann die Zumutbarkeit erhöhen.

Häufige Fehler – und wie Sie sie vermeiden

  • Zu wenig oder falsche Angebote: Achten Sie darauf, dass der Gutachter drei regionale, konkrete Angebote dokumentiert. Fehlen Regionalität oder Konkretisierung, leidet die Beweiskraft – und die Versicherung hat Angriffsfläche. .

  • Warten auf „Ankündigungen“: Verzögern Sie nicht unnötig. Ohne rechtzeitig übermittelte, konkrete Angebote der Gegenseite dürfen Sie umgehend verkaufen.

  • Unklare Verkaufsdokumentation: Der Verkauf muss schriftlich belegt werden (Kaufvertrag/Ankaufsschein mit Datum, Preis, Daten). Das vermeidet spätere Beweisnöte.

  • Teure Folgekosten: Prüfen Sie mit dem Abschleppunternehmen die Möglichkeit der Übernahme/Ankaufs vor Ort zum höchsten regionalen Restwert, um Weitertransporte und Standkosten zu vermeiden. Prüfen Sie auch, ob das Angebot eine kostenlose Abholung enthält.

Kurz-Fallstudien aus jüngerer Rechtsprechung

  • OLG Hamm 2023 (11 U 66/22): Geschädigter realisiert das höchste von drei regionalen Restwertangeboten; kein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, selbst wenn die Versicherung später ein überregionales, höheres Angebot benennt, das weder regional noch rechtzeitig war. Ergebnis: Anspruch zugesprochen.

  • OLG Düsseldorf 2018 (1 U 55/17): Vier Internetgebote ersetzen nicht den regionalen Markt; drei regionale Angebote sind erforderlich, um Ausreißer zu vermeiden. Ergebnis: Der Geschädigte durfte sich am regionalen Dreier-Set orientieren.

  • BGH 2025 (VI ZR 174/24): Bei einer Sicherungsnehmerin/Bank als (Mit-)Berechtigte stellte der BGH auf strengere Maßstäbe ab; mangels Darlegung des Klägers zur subjektbezogenen Betrachtung setzte sich ein höheres internetbasiertes Angebot durch. Merksatz: Private dürfen regional bleiben; professionelle Marktakteure müssen ggf. mehr.

FAQ: Ihre wichtigsten Fragen zur Restwertveräußerung nach Totalschaden

  • Muss ich vor dem Verkauf auf ein Angebot der Versicherung warten?
    Nein – sofern Ihr Gutachten eine korrekte Restwertermittlung auf regionaler Dreierbasis enthält. Nur ein rechtzeitig übermitteltes, verbindliches und zumutbares Höchstangebot kann ausnahmsweise vorgehen.

  • Darf ich das Fahrzeug an das Abschleppunternehmen verkaufen?
    Ja, wenn das Abschleppunternehmen ein in das regionale Dreier-Set passendes, verbindliches (idealerweise höchstes) Angebot stellt. Das ist regelmäßig sinnvoll, da Logistik und Abholung oft bereits organisiert sind; manche Angebote beinhalten kostenlose Abholung.

  • Was passiert, wenn die Versicherung später ein höheres Internetangebot präsentiert?
    Ist der Verkauf bereits erfolgt, bleibt Ihr erzielter (korrekt ermittelter) Restwert maßgeblich. Nur vor dem Verkauf rechtzeitig vorgelegte, zumutbare Angebote sind relevant.

  • Was, wenn mein Gutachten keine drei regionalen Angebote enthält?
    Bitten Sie den Sachverständigen um Ergänzung/Nachbesserung. Der BGH fordert regelmäßig drei regionale Angebote; das sichert Ihre Position erheblich.

  • Muss ich überregional oder im Internet nach höheren Angeboten suchen?
    Regelmäßig nein – für private Geschädigte genügt der regionale Markt. Sonderfälle (z. B. Leasinggeber, Autohaus, Bank als Sicherungsnehmerin) können strengere Anforderungen begründen.

Checkliste für die Mandantschaft

  • Auftrag an Sachverständigen mit klarer Vorgabe: drei regionale Restwertangebote, Anbieter benennen, Höchstwert dokumentieren.

  • Verkauf zum höchsten der drei regionalen Angebote. Zügig.

  • Schriftlicher Kaufvertrag mit Datum, Preis, Käufer, Abholmodalitäten.

  • Abschleppunternehmen ansprechen: Ankauf/Übernahme vor Ort zum Höchstrestwert? Kostenlose Abholung? So lassen sich Transport- und Standkosten vermeiden.

  • Versicherer informieren – aber nicht blockieren lassen: Nur konkrete, verbindliche, zumutbare und rechtzeitig übermittelte Angebote sind zu beachten.

  • Lückenlos dokumentieren: Gutachten, Angebote, Kaufvertrag, Zahlungsbeleg, ggf. Logistik-/Abholzusagen.

Fazit

Nach Feststellung eines Totalschadens gilt: Handeln Sie zügig – aber auf sicherem rechtlichen Fundament. Ein Gutachten mit drei konkreten regionalen Restwertangeboten und die Veräußerung zum höchsten dieser Werte sind die Schlüsselbausteine. Der Verkauf sollte schriftlich erfolgen. Steht das Fahrzeug beim Abschleppunternehmen, lohnt die Nachfrage, ob ein Ankauf zum Höchstrestwert möglich ist; so vermeiden Sie Weitertransportkosten und beschleunigen die Abwicklung. Die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung stützt dieses Vorgehen klar – mit der wichtigen Nuance, dass professionelle Marktakteure (z. B. Leasinggeber, Autohaus, Bank als Sicherungsnehmerin) im Einzelfall strengere Anforderungen erfüllen müssen. Für private Geschädigte bleibt maßgeblich: regional, konkret, dreifach – und schnell.

Hinweis zu unseren Quellen:

  • BGH, Urteil vom 25.03.2025 – VI ZR 174/24 (juris/amtliche Fassung) zur Restwertbestimmung, Wirtschaftlichkeitsgebot und subjektbezogener Schadensbetrachtung.

  • BGH (u. a. 02.07.2024 – VI ZR 211/22; 25.06.2019 – VI ZR 358/18; 27.09.2016 – VI ZR 673/15; 13.10.2009 – VI ZR 318/08) zum regionalen Markt, Dreierangeboten und Abrechnungsmodalitäten.

  • OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2023 – 11 U 66/22, zur Realisierung des höchsten Dreierangebots und Unbeachtlichkeit verspäteter/überregionaler Versichererangebote.

  • OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2018 – 1 U 55/17, zur Notwendigkeit dreier regionaler Angebote und zur Ungeeignetheit bloßer Internetgebote.

  • Weitere praxisnahe Leitsätze zur sofortigen Veräußerung auf Grundlage eines korrekten Gutachtens, ohne Abwarten bloßer Ankündigungen der Versicherung.

  • Zur Ermittlung und Dokumentation der drei regionalen Angebote durch den Sachverständigen (40. Verkehrsgerichtstag).

  • Zur Abwicklung und Logistik: Relevanz kostenloser Abholung in verbindlichen Restwertangeboten (zumutbare Annahme).

Wenn Sie möchten, prüfen wir Ihr aktuelles Gutachten und organisieren die rechtssichere Veräußerung – schnell, schriftlich und zum höchsten regionalen Restwert.

Verkehrsrecht

2025

Mietwagenkosten nach dem Unfall im Bezirk des OLG Karlsruhe: Was erstattet wird – und wie Sie es richtig machen

Wenn nach einem Verkehrsunfall schnell ein Ersatzfahrzeug her muss, sind Mietwagenkosten einer der häufigsten Streitpunkte mit der gegnerischen Haftpflicht. Die gute Nachricht: Die Rechtsprechung im Bezirk des OLG Karlsruhe ist in wesentlichen Fragen verlässlich und methodisch konsistent. Dieser Beitrag erklärt die rechtliche Ausgangslage, die Karlsruher Linie zur Ermittlung des „Normaltarifs“, die Behandlung von Nebenkosten und Eigenersparnis und gibt Ihnen eine konkrete Schritt-für-Schritt-Handlungsempfehlung von der Anmietung bis zur Rückgabe – damit Ihre Erstattungsquote maximal und der Ärger minimal bleibt. .

Die rechtliche Ausgangslage: § 249 BGB, Wirtschaftlichkeitsgebot und § 287 ZPO

  • Ausgangspunkt ist § 249 Abs. 2 S. 1 BGB: Erstattet wird der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag. Beim Mietwagen bedeutet das den Preis, den ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in Ihrer Lage für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Diese Maßstäbe prägen die höchst- und obergerichtliche Linie; die konkrete Höhe wird vom Tatrichter im Rahmen des § 287 ZPO geschätzt. Listen oder Tabellen sind dafür zulässig, solange die Schätzung sachgerecht begründet ist.

  • Der Bundesgerichtshof hat mehrfach klargestellt: Sowohl der Schwacke-Automietpreisspiegel als auch der Fraunhofer-Marktpreisspiegel sind grundsätzlich geeignete Schätzgrundlagen; ebenso ist die Bildung eines arithmetischen Mittels aus beiden Tabellen zulässig. Entscheidend ist nicht die „richtige“ Tabelle, sondern eine tragfähige, sachliche Begründung der Schätzung.

  • Daraus folgt: Wer einen deutlich über dem marktüblichen Normaltarif liegenden Unfallersatztarif verlangt, muss im Streitfall darlegen, weshalb ihm bei zumutbarer Erkundigung kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war. Diese subjektbezogene Betrachtung flankiert das Wirtschaftlichkeitsgebot und wird von der Rechtsprechung konsequent angewandt.

  • Für die gerichtliche Schätzung gilt außerdem: Maßgeblich ist der Anmietort (nicht der Wohnort des Geschädigten), weil dort die reale Marktlage abgebildet wird. Das hat der BGH ausdrücklich betont.

Diese Grundsätze sind der dogmatische Rahmen, in dem auch das OLG Karlsruhe seine gefestigte Praxis zur Ermittlung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten entwickelt hat.

Die Linie des OLG Karlsruhe: „Fracke“ – der Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer

Der Karlsruher Senat folgt einem klaren, praxistauglichen Schema: Er ermittelt den Normaltarif grundsätzlich als arithmetisches Mittel („Fracke“) aus den einschlägigen Werten der Schwacke- und Fraunhofer-Erhebungen, bezogen auf den relevanten Postleitzahlenbereich des Anmietorts und die konkrete Mietdauer (Wochen‑/3‑Tages‑/Tages‑Bausteine). Bei Fraunhofer wird mangels Modus der Mittelwert zugrunde gelegt; Schwacke wird entsprechend „angeglichen“, um methodische Verzerrungen zu vermeiden.

Warum Karlsruhe den Mittelwert bevorzugt:

  • Beide Erhebungen sind geeignet, weisen aber jeweils Schwächen auf (Schwacke: offene Befragung, regionale Tiefe; Fraunhofer: Internetfokus, gröberes PLZ‑Raster, Vorbuchungsbezug). Der Mittelwert reduziert Extremwerteinflüsse und nähert sich robust dem regionalen Normaltarif an. Dies entspricht der höchstrichterlichen Flexibilität und der obergerichtlichen Praxis. .

Wie Karlsruhe rechnet:

  • Postleitzahl: maßgeblich ist der Anmietort.

  • Zeitnähe: es wird mit der aktuellen bzw. zeitnächsten Tabelle gerechnet.

  • Dauerlogik: Wochen‑/3‑Tages‑/Tages‑Bausteine werden kombiniert, um einen Tageswert zu bilden und mit der tatsächlich erreichten Gesamtmietdauer zu multiplizieren. Die tatsächliche Mietdauer (nicht die ursprünglich geplante) ist maßgeblich.

  • Vollkaskokonsistenz: Da Fraunhofer die Vollkasko mit hoher SB (typisch 750–950 €) bereits enthält, werden ältere Schwacke‑Werte, die noch keine Vollkasko in der Grundmiete abbilden, vor der Mittelwertbildung um die Schwacke‑Nebenkostentabelle für Vollkasko ergänzt. So werden die Tabellenwerte vergleichbar.

Die Karlsruher Linie ist für die forensische Praxis mehrfach bestätigt worden, fügt sich in die BGH‑Rechtsprechung ein und wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung breit reflektiert. .

Nebenkosten: Was erstattungsfähig ist – und wie Karlsruhe sie einordnet

Nebenkosten sind häufiges Angriffsziel der Versicherer. Die Karlsruher Methode schafft hier Klarheit:

  • Prinzip: Erst wird der Normaltarif als arithmetischer Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer gebildet. Erstattungsfähige, tatsächlich angefallene Zusatzleistungen, die in den Grundmieten beider Erhebungen nicht enthalten sind, werden anschließend hinzugerechnet. Dazu zählen insbesondere: Haftungsreduzierung (je nach SB‑Stufe), Zustellung/Abholung, Zusatzfahrer, Winterreifen, spezielle Ausstattung (Navigationsgerät, Anhängerkupplung).

  • Vollkaskoschutz/Haftungsreduzierung (CDW): Fraunhofer‑Werte enthalten in der Regel bereits eine Vollkasko mit höherer SB; niedrigere SB‑Stufen verursachen Zusatzkosten und sind separaterstattungsfähig, sofern notwendig und angefallen. Schwacke‑Werte bis 2010 mussten zudem um Vollkaskokosten ergänzend berichtet werden, bevor der Mittelwert gebildet wird.

  • Winterreifen: Sind bei Fraunhofer zwar „jahreszeitgerecht“ berücksichtigt, die Behandlung war in den Erläuterungen teils uneinheitlich; deshalb hat die Instanzpraxis häufig Winterreifen als gesonderte Nebenkosten bis zur Höhe der Schwacke‑Nebenkostentabelle anerkannt, wenn sie konkret angefallen sind.

  • Zustellung/Abholung, Zusatzfahrer, Ausstattung: Diese Leistungen sind – wenn sie tatsächlich genutzt, erforderlich und nicht bereits in der Tabellenbasis enthalten sind – als Nebenkosten zu berücksichtigen. In der gerichtlichen Praxis werden die Beträge, soweit Fraunhofer keine Nebenkostensätze ausweist, aus der Schwacke‑Nebenkostentabelle entnommen; sind die konkret abgerechneten Kosten niedriger, sind diese maßgeblich.

Diese Abfolge – erst „Fracke“-Normaltarif, dann Nebenkosten – ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung angelegt und wird vom Kammergericht sowie dem OLG Köln methodisch erläutert und angewandt.

Eigenersparnis: Pauschaler Abzug – aber richtig bemessen

Wer mit einem Mietwagen fährt, spart Abnutzung am eigenen Fahrzeug. Karlsruhe berücksichtigt das über einen pauschalen Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 5% – bezogen auf die Grundmiete, nicht auf die Nebenkosten. Diese 5%-Linie ist in der Karlsruher Rechtsprechung dokumentiert und wird in der Instanzpraxis häufig übernommen. Bei klassentieferer Anmietung kann aus Billigkeitsgründen vom Abzug abgesehen werden. .

Auch in anderen Sprengeln finden sich abweichende Sätze (teils 4% oder 10%), doch für den Bezirk Karlsruhe ist der 5%-Abzug auf die Grundmiete eine bewährte Größenordnung. Entscheidend bleibt die transparente Abrechnung: Eigenersparnis wird nur von der Grundmiete, nicht auf separat erstattungsfähige Zusatzleistungen berechnet.

BGH‑Leitplanken, obergerichtliche Praxis und die Karlsruher Einordnung

  • Eignung der Tabellen: Der BGH hat explizit die allgemeine Eignung von Schwacke und Fraunhofer bejaht und die Bildung eines arithmetischen Mittels als zulässig anerkannt. Damit ist die Karlsruher „Fracke“-Lösung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gedeckt.

  • Anmietort und Schätzungsfreiheit: Maßgeblich ist der Anmietort, und der Tatrichter ist bei der Wahl der Schätzgrundlage frei, solange er sachlich begründet vorgeht; pauschale Ablehnungen ohne konkrete Vergleichsangebote genügen nicht. Das ist ständige Rechtsprechungslinie.

  • Subjektbezogene Erforderlichkeit: Verlangt der Geschädigte mehr als den Normaltarif, muss er bei bestreitenden Einwänden der Gegenseite darlegen, dass ihm kein günstigerer Tarif zugänglich war; darauf verweisen Instanzgerichte unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den BGH regelmäßig.

  • Breite obergerichtliche Zustimmung zur Mittelwert‑Methode: Mehrere OLG und LG stützen im Streit um Schwacke vs. Fraunhofer die Mittelwert‑Schätzung als faire Balance zwischen beiden Markterhebungen. Diese Linie findet sich etwa in Entscheidungen aus Köln, Hamm, Düsseldorf und anderen Bezirken wieder.

Diese Leitplanken stützen die Karlsruher Praxis, die sich seit Jahren als praxistauglich, transparent und verlässlich erwiesen hat.

Schritt-für-Schritt: So mieten Sie im Bezirk des OLG Karlsruhe „richtig“

  1. Bedarf und Dringlichkeit dokumentieren

  • Halten Sie fest, warum Sie mobil sein müssen (Beruf, Familie, Pflege, Termine) und ab wann. Bei akuter Eilsituation (sofortige Ersatzmobilität nach dem Unfall) sind niedrigere Anforderungen an Marktvergleiche gerechtfertigt. Diese subjektbezogene Betrachtung prägt die höchstrichterliche Linie.

  1. Fahrzeugklasse passend wählen

  • Anspruch besteht auf ein mindestens gleichwertiges Fahrzeug; klassentiefer ist zulässig und kann beim Eigenersparnisabzug positiv wirken. Für die Abrechnung maßgeblich ist die Fahrzeugklasse des tatsächlich angemieteten Wagens, nicht der beschädigte Unfallwagen. Notieren Sie die Klasse und die Gründe Ihrer Wahl.

  1. Angebote mit Augenmaß prüfen

  • In nicht‑akuten Lagen: Holen Sie 1–3 ortsnahe Vergleichsangebote (gleiche PLZ, Zeitraum, Ausstattung, SB‑Stufe, Zahlungsmodalitäten). Reale Verfügbarkeit zählt mehr als abstrakte Internetpreise. Der BGH sieht beide Tabellen als tauglich, doch konkrete, günstigere Angebote sind der beste Beleg.

  1. Haftungsreduzierung (SB‑Stufe) bewusst wählen

  • Fraunhofer enthält eine Vollkasko mit hoher SB. Wollen Sie eine niedrigere SB, fallen im Regelfall Zusatzkosten an, die – soweit erforderlich und angefallen – erstattungsfähig sind. Halten Sie SB‑Stufe und Begründung (Risikominimierung, wirtschaftlich sinnvoll) fest.

  1. Nebenkosten richtig managen

  • Zustellung/Abholung, Zusatzfahrer, Navigationsgerät, Anhängerkupplung: Buchen Sie nur, was nötig ist, und lassen Sie es sauber ausweisen. Erstattungsfähig sind diese Posten, wenn sie tatsächlich anfielen, erforderlich sind und nicht bereits im Tabellenwert enthalten.

  • Winterreifen: In der kalten Jahreszeit notwendig. Die Erstattungsfähigkeit als Nebenkosten hängt von der Schätzgrundlage und den Erläuterungen ab; Gerichte rechnen Winterreifen häufig als eigenständige Position bis zur Höhe der Schwacke‑Nebenkostentabelle, wenn sie konkret anfielen. Dokumentation und saisonaler Bezug sind entscheidend.

  1. Mietdauer realistisch planen – und belegen

  • Maßgeblich ist die tatsächlich erreichte Gesamtmietdauer. Stimmen Sie mit der Werkstatt ab, dokumentieren Sie Lieferengpässe und Verzögerungen. Für die Schätzung werden Bausteine (Woche/3 Tage/Tag) zu einem Tageswert kombiniert und mit der realen Mietdauer multipliziert.

  1. Abrechnung „à la Karlsruhe“

  • Schritt 1: Ermittlung des Normaltarifs als arithmetischer Mittelwert aus Schwacke (angepasst um Vollkaskokosten, sofern nötig) und Fraunhofer im PLZ‑Gebiet des Anmietorts für den konkreten Zeitraum. Schritt 2: Hinzurechnung tatsächlich angefallener, erforderlicher Nebenkosten, die nicht in den Grundmieten enthalten sind. Schritt 3: Abzug der Eigenersparnis (Karlsruhe: 5% auf die Grundmiete, nicht auf Nebenkosten). Diese Methode ist in der Karlsruher Rechtsprechung dokumentiert.


  • Unfallersatztarif‑Aufschläge nur mit Substanz

  • Ein pauschaler Zuschlag (z. B. 20%) für „unfallbedingte Mehrleistungen“ wird nur ersetzt, wenn konkrete Mehrkosten (24/7‑Bereitschaft, Vorhaltung, Vorfinanzierung) schlüssig dargelegt sind. Allgemeine Floskeln genügen nicht. Das OLG Karlsruhe ist hier strikt und folgt der BGH‑Linie.

  1. Zahlungsmodalitäten und Vorfinanzierung klären

  • Nicht jeder hat Kreditkarte oder Liquidität zur Vorfinanzierung. Dokumentieren Sie Ihre Situation und die Anmietbedingungen. In der subjektbezogenen Erforderlichkeitsprüfung zählt die reale Zugänglichkeit eines Tarifs unter den konkreten Umständen.

  1. Die richtigen Belege

  • Vollständige Rechnung mit Mietdauer, Grundmiete, Nebenkosten und SB‑Stufe, Nachweise zur Dringlichkeit und Verfügbarkeit, Werkstatttermine/‑pläne, Ersatzbeschaffungsunterlagen. Diese Unterlagen sind der Schlüssel gegen pauschale Kürzungen.

Typische Einwände der Versicherer – und Ihre souveräne Antwort

  • „Fraunhofer ist immer günstiger – also nur Fraunhofer!“ Antwort: Beide Tabellen sind geeignet. Karlsruhe wählt bewusst den Mittelwert, um Stärken und Schwächen auszugleichen. Maßgeblich ist der Anmietort, die Zeitnähe und die reale Verfügbarkeit der Tarife. Pauschale Fraunhofer‑Verweise reichen ohne Bezug zur konkreten Anmietsituation nicht. .

  • „Nebenkosten sind doppelt abgerechnet!“ Antwort: Die Karlsruher Methode rechnet erst den Mittelwert der Grundmieten und addiert dann nur solche Nebenkosten, die weder in Schwacke‑ noch in Fraunhofer‑Grundmieten enthalten sind – und zwar nur, wenn sie tatsächlich angefallen und erforderlich sind. Das verhindert Doppelansätze und ist gerichtlich anerkannt.

  • „Eigenersparnis muss höher sein und gilt auch für Nebenkosten!“ Antwort: In Karlsruhe beträgt der pauschale Abzug 5% und bezieht sich auf die Grundmiete, nicht auf separat erstattungsfähige Zusatzleistungen. Eine Ausdehnung auf Nebenkosten ist mit der Karlsruher Linie nicht vereinbar.

  • „Internetangebote sind viel billiger!“ Antwort: Internetpreise sind nur relevant, wenn sie im konkreten Anmietzeitraum und am Ort real zugänglich waren (inkl. Zahlungsmodalitäten, Vorlaufzeit). Im Zweifel überzeugt die Vorlage ortsnaher Vergleichsangebote mit identischen Parametern.

Fallmuster aus der Rechtsprechung: Methodik und Bausteine

  • BGH‑Leitlinien: Der Tatrichter darf Schwacke, Fraunhofer oder den arithmetischen Mittelwert verwenden; die Wahl ist frei, solange die Schätzung sachlich tragfähig ist. Maßgeblich ist der Anmietort; Listen dienen nur als Schätzgrundlage – konkrete Umstände können zu Zu- oder Abschlägen führen.

  • OLG‑ und LG‑Praxis: Zahlreiche Obergerichte und Kammern schätzen den Normaltarif nach dem arithmetischen Mittel und addieren Nebenkosten nur, soweit sie nicht in den Grundmieten enthalten sind; Winterreifen werden – je nach Tabellenbasis und Erläuterungen – gesondert berücksichtigt, wenn sie tatsächlich anfielen. Diese Struktur findet sich etwa in Entscheidungen aus Köln, Düsseldorf, Hamm und Frankfurt.

  • Karlsruhe‑Spezifika: Der Senat rechnet transparent mit PLZ‑Bezug zum Anmietort, zeitnahen Tabellen, Bausteinlogik (Woche/3 Tage/Tag), Mittelwertbildung, anschließender Nebenkostenprüfung und 5%‑Eigenersparnisabzug auf die Grundmiete. Pauschale Unfallersatzzuschläge ohne konkrete Darlegung werden abgelehnt.

Diese Bausteine ergeben das praxistaugliche Karlsruher Modell: robust gegen Pauschaleinwände und zugleich fair in der Einzelfallbetrachtung. .

Praxisfahrplan: Von der Anmietung bis zur Rückgabe – kompakt

  • Vor der Anmietung:

    • Nutzungswillen, Bedarf und Dringlichkeit schriftlich festhalten.

    • In nicht‑akuten Fällen: 1–3 ortsnahe Vergleichsangebote mit identischen Parametern (Klasse, Zeitraum, SB, Zusatzleistungen, Zahlungsweg) einholen.

  • Bei der Anmietung:

    • Fahrzeugklasse bewusst wählen, SB‑Stufe festlegen, nötige Zusatzleistungen (Zustellung/Abholung, Zusatzfahrer) vertraglich klar ausweisen lassen.

    • Winterbereifung saisonal absichern und ggf. als Nebenkosten dokumentieren.

  • Während der Mietzeit:

    • Werkstattkommunikation und Verzögerungen dokumentieren; die tatsächliche Mietdauer ist später maßgeblich.

  • Rückgabe/Abrechnung:

    • Rechnung mit Grundmiete und Nebenkosten, SB‑Stufe und Leistungen vollständig.

    • Abrechnung in drei Schritten nach Karlsruher Logik aufbereiten (Mittelwert – Nebenkosten – 5%‑Abzug auf Grundmiete).

Häufige Detailfragen – kurz beantwortet

  • Zählt die Mietdauerplanung oder die tatsächliche Mietdauer? – Maßgeblich ist die tatsächlich erreichte Gesamtmietdauer; die Schätzung arbeitet mit Bausteinen und Tageswerten.

  • Ist der Wohnort relevant? – Nein. Entscheidend ist der Anmietort, weil dort der Marktpreis gebildet wird.

  • Darf ich ohne Kreditkarte teurer anmieten? – Es kommt auf die reale Zugänglichkeit an. Wenn günstigere Tarife ohne Ihre verfügbaren Zahlungsmodalitäten praktisch nicht zugänglich waren, ist das in der subjektbezogenen Betrachtung zu berücksichtigen.

  • Werden Winterreifen extra bezahlt? – Häufig ja, soweit sie konkret anfielen und nicht bereits in den Grundmieten enthalten sind; viele Gerichte stützen sich dafür auf die Schwacke‑Nebenkostentabelle.

  • Gibt es pauschale Unfallersatzaufschläge? – Nur bei konkreter Darlegung unfallbedingter Mehrleistungen; pauschale Zuschläge ohne Substanz lehnt u. a. das OLG Karlsruhe ab.

Fazit: Karlsruhe steht für Ausgewogenheit – nutzen Sie das

  • Die „Fracke“-Methode (arithmetischer Mittelwert zwischen Schwacke und Fraunhofer) ist im OLG‑Bezirk Karlsruhe etabliert, transparent und vom BGH gedeckt. In Verbindung mit der klaren Nebenkostenlogik und einem maßvollen 5%‑Eigenersparnisabzug auf die Grundmiete liefert sie belastbare, streitfeste Ergebnisse.

  • Für Geschädigte bedeutet das: frühzeitig dokumentieren, Konditionen bewusst gestalten, Nebenkosten nur soweit nötig und sauber belegen, Mietdauer realistisch planen und die Karlsruher Rechenschritte in der Abrechnung nachvollziehbar darstellen. So erhöhen Sie die Chance auf weitgehende Kostenerstattung – und vermeiden typische Kürzungen.

Unsere Unterstützung im Verkehrsrecht

Unsere Kanzlei ist unter anderem auf das Verkehrsrecht spezialisiert. Ihr Ansprechpartner ist unser geschäftsführender Gesellschafter und Fachanwalt für Verkehrsrecht, Andrew Straßburger, gemeinsam mit seinem erfahrenen Verkehrsunfallteam. Wir prüfen Ihre Mietwagenrechnung und die begleitenden Unterlagen unmittelbar anhand der Karlsruher Schätzungsschritte (Fracke), der Nebenkostenlogik und des Eigenersparnis‑Ansatzes – und zeigen Ihnen, wo Sie Erstattungspotenzial sichern oder Einwände der Gegenseite effektiv entkräften. Vereinbaren Sie gern einen Termin, damit wir Ihre Ansprüche zügig und durchsetzungsstark realisieren.

Versicherungsrecht

2025

Die Tücke psychischer Unfallfolgen – Fall schwerster PTBS

Die Tücke psychischer Unfallfolgen – Fall schwerster PTBS


Wenn seelischer Schaden das ganze Leben überschattet – und Versicherer nicht zahlen wollen

Das Leben kann sich durch einen schweren Unfall schlagartig ändern – und manchmal sind die psychischen Wunden schwerer und langfristiger als die körperlichen. Immer mehr Mandanten leiden an massiven Folgen wie posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Das OLG Schleswig hat jetzt klargestellt: Wer nach einem Unfall schwere psychische Beschwerden entwickelt und dadurch dauerhaft erwerbsunfähig wird, bekommt grundsätzlich auch aus der Unfallversicherung Leistungen – ABER: Die Gerichte prüfen sehr streng, ob der Versicherte alles unternommen hat, um die Behandlung aufzunehmen und eine Chronifizierung zu vermeiden.


In dem Fall hatte ein Geschädigter seine ärztlich empfohlene Therapie abgebrochen und sich stattdessen selbst behandelt. Das Urteil war dramatisch: Die Versicherung war nicht verpflichtet, für die verschlimmerte, chronifizierte psychische Erkrankung voll zu leisten. Für Betroffene kann diese strenge Handhabung das endgültige Abrutschen ins soziale Abseits bedeuten – nach schwerem Unfall nun noch die Existenzangst.


Unser Rat: Achten Sie genau auf eine lückenlose medizinische Behandlung, dokumentieren Sie Ihren Leidensweg – und lassen Sie sich beim Streit mit der Versicherung von Anfang an rechtlich begleiten.
Ihr kompetenter Ansprechpartner für alle Fragen rund um Unfallfolgen und Versicherungsleistungen ist Rechtsanwalt Andrew Straßburger von der Kleiser Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.


OLG Schleswig, Az. 7 U 137/22

Aus der Praxis.

Aktuell informiert.

Verkehrsrecht

2025

Totalschaden – und jetzt? Warum Sie Ihr Unfallfahrzeug schnell und klug veräußern sollten

Ein wirtschaftlicher Totalschaden ist belastend – aber er eröffnet auch klare Handlungsmöglichkeiten. Wer zügig und richtig vorgeht, vermeidet Streit mit der gegnerischen Versicherung, reduziert Folgekosten (z. B. Stand- und Transportkosten) und beschleunigt die Auszahlung. Entscheidend ist: Lassen Sie ein belastbares Gutachten erstellen, in dem der Sachverständige drei konkrete Restwertangebote vom allgemeinen regionalen Markt einholt – und verwenden Sie für die Veräußerung den höchsten dieser drei Werte. Dokumentieren Sie den Verkauf schriftlich. Wurde Ihr Fahrzeug abgeschleppt, fragen Sie das Abschleppunternehmen, ob ein Ankauf zum höchsten regionalen Restwert möglich ist; so können Sie teure Weitertransporte vermeiden und die Abwicklung spürbar vereinfachen. Diese Vorgehensweise entspricht der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Wirtschaftlichkeitsgebot und zur subjektbezogenen Schadensbetrachtung.

Die drei Grundpfeiler: Wirtschaftlichkeitsgebot, regionaler Markt, drei Restwertangebote

  • Wirtschaftlichkeitsgebot: Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB muss der Geschädigte den wirtschaftlich vernünftigen Weg der Schadensbehebung wählen. Das gilt ausdrücklich auch für die Verwertung des Unfallfahrzeugs (Restwert). Der Bundesgerichtshof (BGH) betont, dass die Schadensersatzpflicht „von vornherein nur insoweit“ besteht, als sich die Verwertung im Rahmen wirtschaftlicher Vernunft hält. Zugleich erfolgt die Bewertung subjektbezogen: Es kommt auf Ihre Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten in Ihrer konkreten Lage an.

  • Allgemeiner regionaler Markt: Der Geschädigte leistet dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Regelfall Genüge, wenn er sein Fahrzeug zu dem Preis veräußert, den ein von ihm beauftragter Sachverständiger als Restwert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Eigene Marktforschung überregional oder in Internet-Restwertbörsen schulden Sie grundsätzlich nicht.

  • Drei konkrete Angebote: Der Sachverständige hat als belastbare Schätzgrundlage regelmäßig drei Restwertangebote einzuholen und im Gutachten konkret zu benennen. Diese Dreizahl entspricht der Empfehlung des 40. Deutschen Verkehrsgerichtstages und ist vom BGH mehrfach bestätigt worden.

Diese drei Eckpfeiler sind in jüngster Zeit erneut vom BGH bekräftigt worden. In der Entscheidung vom 25.03.2025 (VI ZR 174/24) hebt der BGH hervor, dass die Restwertfrage Teil des Wirtschaftlichkeitsgebots ist und die individuelle Situation des Geschädigten zu berücksichtigen bleibt; zugleich genügt der Geschädigte regelmäßig, wenn er auf ein ordnungsgemäßes Gutachten mit konkreter regionaler Restwertermittlung baut.

Schnell handeln – aber richtig: Warum Tempo bei der Veräußerung hilft

Je schneller nach Gutachtenerstellung veräußert wird, desto eher vermeiden Sie Streitpunkte wie Standkosten, Verzögerungen und sich ändernde Marktpreise. Die Rechtsprechung stellt klar, dass Sie grundsätzlich nicht warten müssen, bis die gegnerische Versicherung „vielleicht“ ein höheres Restwertangebot übersendet. Solange ein korrektes, regionales Dreierangebot im Gutachten vorliegt, sind Sie berechtigt, sofort zum gutachterlich ermittelten (höchsten) Restwert zu verkaufen.

Der BGH hat wiederholt betont, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, den Versicherer vorab um Stellungnahme zu bitten oder überregional/internetbasiert „bessere“ Angebote abzuwarten; die Abwicklung in eigener Regie ist gesetzlich gewollt. Dies wurde u. a. in den Entscheidungen VI ZR 358/18 (2019) und VI ZR 211/22 (2024) betont.

Ein praktisches Gegenbeispiel, wann ausnahmsweise ein Zuwarten geboten sein kann, ist selten – und dann nur, wenn die Versicherung vor dem Verkauf ein konkretes, zumutbares, verbindliches und oft sogar mit kostenloser Abholung verbundenes Höchstangebot vorlegt. Liegt ein solches annahmefähiges, höheres Angebot rechtzeitig vor, kann regelmäßig die Pflicht bestehen, es aus Schadensminderungsgründen zu berücksichtigen. Fehlt es daran, dürfen Sie verkaufen.

Der „Dreiklang“ im Gutachten: Drei regionale Restwertangebote – höchstes Angebot wählen

  • Warum drei? Die Dreizahl verhindert Zufallsergebnisse („Ausreißer“) und bildet den regionalen Markt zuverlässig ab. Deshalb verlangt der BGH, dass der Sachverständige regelmäßig drei konkrete regionale Angebote einholt und die Anbieter nennt.

  • Regionalität: Angebote müssen dem für Sie ohne weiteres zugänglichen regionalen Markt entstammen; internetbasierte Spezialbörsen sind regelmäßig kein Muss. Treffen die drei Angebote diese regionalen Anforderungen, genügt es, den höchsten dieser drei Werte als Restwert zugrunde zu legen.

  • Schriftliche Dokumentation: Halten Sie Angebot, Annahme und Kaufvertrag schriftlich fest (Kaufvertrag mit Datum, Anbieter, Betrag, etwaiger Abholungszusagen). Diese Dokumentation sichert den Nachweis der ordnungsgemäßen, wirtschaftlich vernünftigen Verwertung.

Auch Obergerichte folgen diesem Dreiklang: So hat das OLG Hamm bestätigt, dass der Geschädigte dem Wirtschaftlichkeitspostulat genügt, wenn er eines der drei im Gutachten genannten Restwertangebote – und zwar das höchste – realisiert. Maßgeblich ist der regionale Markt; auf internetbasierte Spezialbörsen kann der Geschädigte regelmäßig nicht verwiesen werden.

Abschleppunternehmen einbinden: Transportkosten vermeiden, Abwicklung erleichtern

Ist Ihr Fahrzeug abgeschleppt worden, lohnt stets die Nachfrage beim Abschleppunternehmen, ob ein Ankauf zum höchsten regionalen Restwert möglich ist. Das ist oft pragmatisch: Es erspart weitergehende Transport- und Standkosten, die sonst die Regulierung belasten können, und beschleunigt die Abwicklung vor Ort. Zudem enthalten manche Restwertangebote – auch aus der Versicherersphäre – ausdrücklich die Zusage einer kostenfreien Abholung; das zeigt, wie bedeutsam Logistik- und Transportkosten in der Restwertpraxis sind. Prüfen Sie daher stets, ob das Abschleppunternehmen die Abholung/Übernahme vor Ort mit abdeckt.

Wichtig: Bleiben Sie beim regionalen Markt. Wenn das Abschleppunternehmen als regionaler Anbieter auftritt und ein in das Dreier-Set passendes, verbindliches Höchstangebot stellt, kann der Verkauf dorthin besonders wirtschaftlich und komfortabel sein. Das beschleunigt die Auszahlung, vermeidet Doppel- oder Weitertransportkosten und hält Sie zugleich auf der sicheren Seite der Rechtsprechung.

Schriftlich verkaufen – warum die Form wichtig ist

Der Verkauf sollte stets schriftlich erfolgen: Es belegt Preis, Datum, Käuferdaten, Abholungsmodalitäten und ggf. die Anrechnung des Restwerts. Diese Klarheit hilft bei der anschließenden Regulierung, insbesondere wenn die Versicherung Fragen zur Höhe des Restwerts stellt oder behauptet, es habe ein höheres (später vorgelegtes) Angebot gegeben. Auch bei einem späteren Streit über den Zugang von Versichererangeboten zeigt eine lückenlose Dokumentation, dass Sie zügig und wirtschaftlich gehandelt haben.

Was gilt, wenn die Versicherung ein höheres Angebot schickt?

  • Vor dem Verkauf: Erhalten Sie vor der Veräußerung ein konkretes, zumutbares, verbindliches Höchstangebot (typischerweise mit kostenfreier Abholung, klarer Preisangabe und Ansprechpartner), kann ausnahmsweise eine Pflicht bestehen, dieses Angebot anzunehmen (Schadensminderungspflicht). Fehlt es an Verbindlichkeit, Zumutbarkeit oder rechtzeitiger Übermittlung, dürfen Sie zum höchsten regionalen Dreierangebot verkaufen.

  • Nach dem Verkauf: Haben Sie bereits veräußert, ist der erzielte Restwert maßgeblich. Ein nachträglich übersandtes „höheres“ Angebot bleibt regelmäßig unbeachtlich. Das Risiko, dass nach der Veräußerung andere (später) mehr geboten hätten, trägt grundsätzlich nicht der Geschädigte.

  • Nur regional und konkret zählt: Mehrfach hat die Rechtsprechung Internet-Höchstgebote verworfen, wenn sie nicht dem regionalen Markt entsprachen. Der BGH verlangt, dass die Restwertermittlung regional erfolgt und der Geschädigte nicht auf einen Sondermarkt im Internet verwiesen wird – es sei denn, besondere Konstellationen (z. B. professionelle Marktteilnehmer) rechtfertigen ausnahmsweise mehr.

Sonderfälle: Leasing, Sicherungsübereignung, gewerbliche Marktkenntnis

Die Rechtsprechung bleibt subjektbezogen: In besonderen Konstellationen – z. B. bei Leasinggeberinnen, Autohaus-Geschädigten oder Sicherungsnehmerinnen (Banken) – können strengere Anforderungen an die Restwertrecherche gelten, insbesondere wenn diese Akteure typischerweise über erweiterte Marktkenntnisse verfügen und ihnen die Nutzung überregionaler oder internetbasierter Restwertbörsen zumutbar ist. In der aktuellen BGH-Entscheidung vom 25.03.2025 (VI ZR 174/24) hat der Senat betont, dass bei gewerblich mit dem Automarkt vertrauten Eigentümern (hier: Sicherungsnehmerin/Bank) die Messlatte höher liegen kann; fehlt dem Geschädigten (Kläger) hierzu Vortrag, kann der Versicherer mit einem höheren (internetbasierten) Angebot durchdringen. Ergebnis dort: Anrechnung eines höheren, internetbasierten Restwerts. Für private Geschädigte ohne besondere Marktkenntnis gilt diese Verschärfung regelmäßig nicht.

Gleichzeitig hat der BGH (zuletzt am 02.07.2024 – VI ZR 211/22 – und am 25.06.2019 – VI ZR 358/18) den Grundsatz bestätigt: Der private Geschädigte darf grundsätzlich auf die korrekt ermittelte regionale Dreier-Restwertbasis vertrauen, ohne überregional zu recherchieren oder die Versicherung abzuwarten. Das Risiko einer „besseren“ internetbasierten Verwertung trägt dann nicht er.

Aktuelle Rechtsprechung im Überblick – was Sie wissen sollten

  • BGH, Urteil vom 25.03.2025 – VI ZR 174/24: Wirtschaftlichkeitsgebot gilt auch für den Restwert; subjektbezogene Betrachtung bleibt maßgeblich. Private Geschädigte genügen dem Gebot regelmäßig durch Verkauf zum im Gutachten regional und konkret ermittelten Restwert (drei Angebote). In Konstellationen mit gewerblich versierten Eigentümern (z. B. Sicherungsnehmerin/Bank) kann ein höheres, internetbasiertes Angebot maßgeblich sein, wenn die strengeren Maßstäbe greifen und der Kläger hierzu nicht hinreichend vorträgt.

  • BGH, st. Rspr. – u. a. 02.07.2024 – VI ZR 211/22; 25.06.2019 – VI ZR 358/18; 27.09.2016 – VI ZR 673/15; 13.10.2009 – VI ZR 318/08: Der Geschädigte genügt regelmäßig, wenn er auf ein korrektes Gutachten mit drei regionalen Angeboten baut; keine Pflicht zur Internetrecherche oder zum Abwarten eines etwaigen Versichererangebots vor Veräußerung. .

  • OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2023 – 11 U 66/22: Realisiert der Geschädigte das höchste der drei im Gutachten ermittelten regionalen Angebote, genügt er dem Wirtschaftlichkeitsgebot; ein später vorgelegtes überregionales Angebot ist unbeachtlich, wenn es weder regional noch rechtzeitig ist.

  • OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2018 – 1 U 55/17: Internetbasierte Einzelgebote ersetzen nicht die Ermittlung des regionalen Marktes anhand von mindestens drei Angeboten; Ausreißer sind abzufangen.

  • Praxishinweise aus der Rechtsprechung: Der Geschädigte darf sogleich zum gutachterlich ermittelten Restwert verkaufen; bloße Ankündigungen der Versicherung, „bald“ ein höheres Angebot zu schicken, genügen nicht. Entscheidend sind konkrete, rechtzeitig übermittelte, annahmefähige Angebote; ansonsten bleibt der Weg frei für die sofortige Veräußerung zum höchsten regionalen Dreierangebot.

Praxisleitfaden: So gehen Sie Schritt für Schritt vor

  1. Sofort Sachverständigen beauftragen

  • Ziel: Feststellung Totalschaden, Wiederbeschaffungswert, Restwert.

  • Achten Sie darauf, dass der Gutachter drei regionale Restwertangebote einholt, die Anbieter konkret benennt (mit Kontaktdaten) und die Regionalität nachvollziehbar ist. Nur so können Sie rechtssicher verkaufen.

  1. Höchstes der drei regionalen Restwertangebote zugrunde legen

  • Sobald das Gutachten vorliegt, dürfen Sie den Verkauf zu diesem Höchstrestwert realisieren. Das genügt dem Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn das Gutachten die korrekte Wertermittlung erkennen lässt.

  1. Schriftlich verkaufen

  • Halten Sie Kaufpreis, Datum, Käufer, Abholmodalität, Fahrzeugdaten und ggf. Zusagen (kostenlose Abholung) schriftlich fest. Diese Dokumentation erleichtert die Regulierung und wehrt spätere Einwände ab.

  1. Abschleppunternehmen ansprechen

  • Wenn das Fahrzeug bereits dort steht: Fragen Sie nach einem Ankauf zum höchsten regionalen Restwert. Häufig sind Logistik/Abholung schon organisiert; manche Angebote enthalten sogar eine kostenlose Abholung – das kann teure Weitertransporte vermeiden und die Abwicklung beschleunigen.

  1. Versicherung informieren – aber nicht ausbremsen lassen

  • Sie sind nicht verpflichtet, vor Verkauf auf (mögliche) Versichererangebote zu warten. Kommt vor Veräußerung ein konkretes, verbindliches, zumutbares Höchstangebot, prüfen Sie es ernsthaft – sonst dürfen Sie zum höchsten regionalen Dreierangebot verkaufen.

  1. Belege sammeln

  • Gutachten, drei Angebote, Kaufvertrag, Abholbestätigung, Zahlungsnachweis, Abschlepp-/Standkosten: Lückenlose Unterlagen beugen Streit vor und stützen Ihre Position.

Typische Einwände der Versicherung – und wie die Rechtsprechung darauf reagiert

  • „Sie hätten auf unser besseres Angebot warten müssen.“
    Antwort: Ohne konkretes, verbindliches, rechtzeitig übermitteltes Angebot trifft Sie grundsätzlich keine Wartepflicht; Sie dürfen sofort zum höchsten regionalen Restwert veräußern. Bloße Ankündigungen („wir prüfen“, „bald Angebot“) genügen nicht.

  • „Der regionale Markt ist zu klein – Internetbörsen bringen mehr.“
    Antwort: Der BGH verlangt grundsätzlich den regionalen Markt. Auf überregionale oder internetbasierte Sondermärkte müssen private Geschädigte ohne besondere Marktkenntnis nicht ausweichen. Anders nur in Sonderkonstellationen (Leasinggeber, Autohaus, Bank als Sicherungsnehmerin) mit spezifischer Marktnähe.

  • „Das Gutachten nennt keine drei regionalen Angebote/ist unklar.“
    Antwort: Ein ordnungsgemäßes Gutachten muss drei regionale Angebote konkret benennen. Fehlt das, kann das Vertrauen eingeschränkt sein; hier empfiehlt sich die Nachbesserung durch den Sachverständigen. Liegen die drei Angebote vor und sind regional, genügt der Verkauf zum höchsten Angebot.

  • „Unser Angebot war höher und enthielt kostenlose Abholung – das hätten Sie annehmen müssen.“
    Antwort: Nur wenn dieses Angebot rechtzeitig vor dem Verkauf und für Sie zumutbar sowie verbindlich war, kann eine Annahmepflicht bestehen. Andernfalls bleibt Ihr Verkauf zum höchsten regionalen Dreierangebot rechtmäßig. Beachten Sie: Die kostenlose Abholung zeigt, dass Logistik eine entscheidende Rolle spielt – sie kann die Zumutbarkeit erhöhen.

Häufige Fehler – und wie Sie sie vermeiden

  • Zu wenig oder falsche Angebote: Achten Sie darauf, dass der Gutachter drei regionale, konkrete Angebote dokumentiert. Fehlen Regionalität oder Konkretisierung, leidet die Beweiskraft – und die Versicherung hat Angriffsfläche. .

  • Warten auf „Ankündigungen“: Verzögern Sie nicht unnötig. Ohne rechtzeitig übermittelte, konkrete Angebote der Gegenseite dürfen Sie umgehend verkaufen.

  • Unklare Verkaufsdokumentation: Der Verkauf muss schriftlich belegt werden (Kaufvertrag/Ankaufsschein mit Datum, Preis, Daten). Das vermeidet spätere Beweisnöte.

  • Teure Folgekosten: Prüfen Sie mit dem Abschleppunternehmen die Möglichkeit der Übernahme/Ankaufs vor Ort zum höchsten regionalen Restwert, um Weitertransporte und Standkosten zu vermeiden. Prüfen Sie auch, ob das Angebot eine kostenlose Abholung enthält.

Kurz-Fallstudien aus jüngerer Rechtsprechung

  • OLG Hamm 2023 (11 U 66/22): Geschädigter realisiert das höchste von drei regionalen Restwertangeboten; kein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, selbst wenn die Versicherung später ein überregionales, höheres Angebot benennt, das weder regional noch rechtzeitig war. Ergebnis: Anspruch zugesprochen.

  • OLG Düsseldorf 2018 (1 U 55/17): Vier Internetgebote ersetzen nicht den regionalen Markt; drei regionale Angebote sind erforderlich, um Ausreißer zu vermeiden. Ergebnis: Der Geschädigte durfte sich am regionalen Dreier-Set orientieren.

  • BGH 2025 (VI ZR 174/24): Bei einer Sicherungsnehmerin/Bank als (Mit-)Berechtigte stellte der BGH auf strengere Maßstäbe ab; mangels Darlegung des Klägers zur subjektbezogenen Betrachtung setzte sich ein höheres internetbasiertes Angebot durch. Merksatz: Private dürfen regional bleiben; professionelle Marktakteure müssen ggf. mehr.

FAQ: Ihre wichtigsten Fragen zur Restwertveräußerung nach Totalschaden

  • Muss ich vor dem Verkauf auf ein Angebot der Versicherung warten?
    Nein – sofern Ihr Gutachten eine korrekte Restwertermittlung auf regionaler Dreierbasis enthält. Nur ein rechtzeitig übermitteltes, verbindliches und zumutbares Höchstangebot kann ausnahmsweise vorgehen.

  • Darf ich das Fahrzeug an das Abschleppunternehmen verkaufen?
    Ja, wenn das Abschleppunternehmen ein in das regionale Dreier-Set passendes, verbindliches (idealerweise höchstes) Angebot stellt. Das ist regelmäßig sinnvoll, da Logistik und Abholung oft bereits organisiert sind; manche Angebote beinhalten kostenlose Abholung.

  • Was passiert, wenn die Versicherung später ein höheres Internetangebot präsentiert?
    Ist der Verkauf bereits erfolgt, bleibt Ihr erzielter (korrekt ermittelter) Restwert maßgeblich. Nur vor dem Verkauf rechtzeitig vorgelegte, zumutbare Angebote sind relevant.

  • Was, wenn mein Gutachten keine drei regionalen Angebote enthält?
    Bitten Sie den Sachverständigen um Ergänzung/Nachbesserung. Der BGH fordert regelmäßig drei regionale Angebote; das sichert Ihre Position erheblich.

  • Muss ich überregional oder im Internet nach höheren Angeboten suchen?
    Regelmäßig nein – für private Geschädigte genügt der regionale Markt. Sonderfälle (z. B. Leasinggeber, Autohaus, Bank als Sicherungsnehmerin) können strengere Anforderungen begründen.

Checkliste für die Mandantschaft

  • Auftrag an Sachverständigen mit klarer Vorgabe: drei regionale Restwertangebote, Anbieter benennen, Höchstwert dokumentieren.

  • Verkauf zum höchsten der drei regionalen Angebote. Zügig.

  • Schriftlicher Kaufvertrag mit Datum, Preis, Käufer, Abholmodalitäten.

  • Abschleppunternehmen ansprechen: Ankauf/Übernahme vor Ort zum Höchstrestwert? Kostenlose Abholung? So lassen sich Transport- und Standkosten vermeiden.

  • Versicherer informieren – aber nicht blockieren lassen: Nur konkrete, verbindliche, zumutbare und rechtzeitig übermittelte Angebote sind zu beachten.

  • Lückenlos dokumentieren: Gutachten, Angebote, Kaufvertrag, Zahlungsbeleg, ggf. Logistik-/Abholzusagen.

Fazit

Nach Feststellung eines Totalschadens gilt: Handeln Sie zügig – aber auf sicherem rechtlichen Fundament. Ein Gutachten mit drei konkreten regionalen Restwertangeboten und die Veräußerung zum höchsten dieser Werte sind die Schlüsselbausteine. Der Verkauf sollte schriftlich erfolgen. Steht das Fahrzeug beim Abschleppunternehmen, lohnt die Nachfrage, ob ein Ankauf zum Höchstrestwert möglich ist; so vermeiden Sie Weitertransportkosten und beschleunigen die Abwicklung. Die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung stützt dieses Vorgehen klar – mit der wichtigen Nuance, dass professionelle Marktakteure (z. B. Leasinggeber, Autohaus, Bank als Sicherungsnehmerin) im Einzelfall strengere Anforderungen erfüllen müssen. Für private Geschädigte bleibt maßgeblich: regional, konkret, dreifach – und schnell.

Hinweis zu unseren Quellen:

  • BGH, Urteil vom 25.03.2025 – VI ZR 174/24 (juris/amtliche Fassung) zur Restwertbestimmung, Wirtschaftlichkeitsgebot und subjektbezogener Schadensbetrachtung.

  • BGH (u. a. 02.07.2024 – VI ZR 211/22; 25.06.2019 – VI ZR 358/18; 27.09.2016 – VI ZR 673/15; 13.10.2009 – VI ZR 318/08) zum regionalen Markt, Dreierangeboten und Abrechnungsmodalitäten.

  • OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2023 – 11 U 66/22, zur Realisierung des höchsten Dreierangebots und Unbeachtlichkeit verspäteter/überregionaler Versichererangebote.

  • OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2018 – 1 U 55/17, zur Notwendigkeit dreier regionaler Angebote und zur Ungeeignetheit bloßer Internetgebote.

  • Weitere praxisnahe Leitsätze zur sofortigen Veräußerung auf Grundlage eines korrekten Gutachtens, ohne Abwarten bloßer Ankündigungen der Versicherung.

  • Zur Ermittlung und Dokumentation der drei regionalen Angebote durch den Sachverständigen (40. Verkehrsgerichtstag).

  • Zur Abwicklung und Logistik: Relevanz kostenloser Abholung in verbindlichen Restwertangeboten (zumutbare Annahme).

Wenn Sie möchten, prüfen wir Ihr aktuelles Gutachten und organisieren die rechtssichere Veräußerung – schnell, schriftlich und zum höchsten regionalen Restwert.

Verkehrsrecht

2025

Mietwagenkosten nach dem Unfall im Bezirk des OLG Karlsruhe: Was erstattet wird – und wie Sie es richtig machen

Wenn nach einem Verkehrsunfall schnell ein Ersatzfahrzeug her muss, sind Mietwagenkosten einer der häufigsten Streitpunkte mit der gegnerischen Haftpflicht. Die gute Nachricht: Die Rechtsprechung im Bezirk des OLG Karlsruhe ist in wesentlichen Fragen verlässlich und methodisch konsistent. Dieser Beitrag erklärt die rechtliche Ausgangslage, die Karlsruher Linie zur Ermittlung des „Normaltarifs“, die Behandlung von Nebenkosten und Eigenersparnis und gibt Ihnen eine konkrete Schritt-für-Schritt-Handlungsempfehlung von der Anmietung bis zur Rückgabe – damit Ihre Erstattungsquote maximal und der Ärger minimal bleibt. .

Die rechtliche Ausgangslage: § 249 BGB, Wirtschaftlichkeitsgebot und § 287 ZPO

  • Ausgangspunkt ist § 249 Abs. 2 S. 1 BGB: Erstattet wird der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag. Beim Mietwagen bedeutet das den Preis, den ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in Ihrer Lage für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Diese Maßstäbe prägen die höchst- und obergerichtliche Linie; die konkrete Höhe wird vom Tatrichter im Rahmen des § 287 ZPO geschätzt. Listen oder Tabellen sind dafür zulässig, solange die Schätzung sachgerecht begründet ist.

  • Der Bundesgerichtshof hat mehrfach klargestellt: Sowohl der Schwacke-Automietpreisspiegel als auch der Fraunhofer-Marktpreisspiegel sind grundsätzlich geeignete Schätzgrundlagen; ebenso ist die Bildung eines arithmetischen Mittels aus beiden Tabellen zulässig. Entscheidend ist nicht die „richtige“ Tabelle, sondern eine tragfähige, sachliche Begründung der Schätzung.

  • Daraus folgt: Wer einen deutlich über dem marktüblichen Normaltarif liegenden Unfallersatztarif verlangt, muss im Streitfall darlegen, weshalb ihm bei zumutbarer Erkundigung kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war. Diese subjektbezogene Betrachtung flankiert das Wirtschaftlichkeitsgebot und wird von der Rechtsprechung konsequent angewandt.

  • Für die gerichtliche Schätzung gilt außerdem: Maßgeblich ist der Anmietort (nicht der Wohnort des Geschädigten), weil dort die reale Marktlage abgebildet wird. Das hat der BGH ausdrücklich betont.

Diese Grundsätze sind der dogmatische Rahmen, in dem auch das OLG Karlsruhe seine gefestigte Praxis zur Ermittlung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten entwickelt hat.

Die Linie des OLG Karlsruhe: „Fracke“ – der Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer

Der Karlsruher Senat folgt einem klaren, praxistauglichen Schema: Er ermittelt den Normaltarif grundsätzlich als arithmetisches Mittel („Fracke“) aus den einschlägigen Werten der Schwacke- und Fraunhofer-Erhebungen, bezogen auf den relevanten Postleitzahlenbereich des Anmietorts und die konkrete Mietdauer (Wochen‑/3‑Tages‑/Tages‑Bausteine). Bei Fraunhofer wird mangels Modus der Mittelwert zugrunde gelegt; Schwacke wird entsprechend „angeglichen“, um methodische Verzerrungen zu vermeiden.

Warum Karlsruhe den Mittelwert bevorzugt:

  • Beide Erhebungen sind geeignet, weisen aber jeweils Schwächen auf (Schwacke: offene Befragung, regionale Tiefe; Fraunhofer: Internetfokus, gröberes PLZ‑Raster, Vorbuchungsbezug). Der Mittelwert reduziert Extremwerteinflüsse und nähert sich robust dem regionalen Normaltarif an. Dies entspricht der höchstrichterlichen Flexibilität und der obergerichtlichen Praxis. .

Wie Karlsruhe rechnet:

  • Postleitzahl: maßgeblich ist der Anmietort.

  • Zeitnähe: es wird mit der aktuellen bzw. zeitnächsten Tabelle gerechnet.

  • Dauerlogik: Wochen‑/3‑Tages‑/Tages‑Bausteine werden kombiniert, um einen Tageswert zu bilden und mit der tatsächlich erreichten Gesamtmietdauer zu multiplizieren. Die tatsächliche Mietdauer (nicht die ursprünglich geplante) ist maßgeblich.

  • Vollkaskokonsistenz: Da Fraunhofer die Vollkasko mit hoher SB (typisch 750–950 €) bereits enthält, werden ältere Schwacke‑Werte, die noch keine Vollkasko in der Grundmiete abbilden, vor der Mittelwertbildung um die Schwacke‑Nebenkostentabelle für Vollkasko ergänzt. So werden die Tabellenwerte vergleichbar.

Die Karlsruher Linie ist für die forensische Praxis mehrfach bestätigt worden, fügt sich in die BGH‑Rechtsprechung ein und wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung breit reflektiert. .

Nebenkosten: Was erstattungsfähig ist – und wie Karlsruhe sie einordnet

Nebenkosten sind häufiges Angriffsziel der Versicherer. Die Karlsruher Methode schafft hier Klarheit:

  • Prinzip: Erst wird der Normaltarif als arithmetischer Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer gebildet. Erstattungsfähige, tatsächlich angefallene Zusatzleistungen, die in den Grundmieten beider Erhebungen nicht enthalten sind, werden anschließend hinzugerechnet. Dazu zählen insbesondere: Haftungsreduzierung (je nach SB‑Stufe), Zustellung/Abholung, Zusatzfahrer, Winterreifen, spezielle Ausstattung (Navigationsgerät, Anhängerkupplung).

  • Vollkaskoschutz/Haftungsreduzierung (CDW): Fraunhofer‑Werte enthalten in der Regel bereits eine Vollkasko mit höherer SB; niedrigere SB‑Stufen verursachen Zusatzkosten und sind separaterstattungsfähig, sofern notwendig und angefallen. Schwacke‑Werte bis 2010 mussten zudem um Vollkaskokosten ergänzend berichtet werden, bevor der Mittelwert gebildet wird.

  • Winterreifen: Sind bei Fraunhofer zwar „jahreszeitgerecht“ berücksichtigt, die Behandlung war in den Erläuterungen teils uneinheitlich; deshalb hat die Instanzpraxis häufig Winterreifen als gesonderte Nebenkosten bis zur Höhe der Schwacke‑Nebenkostentabelle anerkannt, wenn sie konkret angefallen sind.

  • Zustellung/Abholung, Zusatzfahrer, Ausstattung: Diese Leistungen sind – wenn sie tatsächlich genutzt, erforderlich und nicht bereits in der Tabellenbasis enthalten sind – als Nebenkosten zu berücksichtigen. In der gerichtlichen Praxis werden die Beträge, soweit Fraunhofer keine Nebenkostensätze ausweist, aus der Schwacke‑Nebenkostentabelle entnommen; sind die konkret abgerechneten Kosten niedriger, sind diese maßgeblich.

Diese Abfolge – erst „Fracke“-Normaltarif, dann Nebenkosten – ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung angelegt und wird vom Kammergericht sowie dem OLG Köln methodisch erläutert und angewandt.

Eigenersparnis: Pauschaler Abzug – aber richtig bemessen

Wer mit einem Mietwagen fährt, spart Abnutzung am eigenen Fahrzeug. Karlsruhe berücksichtigt das über einen pauschalen Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 5% – bezogen auf die Grundmiete, nicht auf die Nebenkosten. Diese 5%-Linie ist in der Karlsruher Rechtsprechung dokumentiert und wird in der Instanzpraxis häufig übernommen. Bei klassentieferer Anmietung kann aus Billigkeitsgründen vom Abzug abgesehen werden. .

Auch in anderen Sprengeln finden sich abweichende Sätze (teils 4% oder 10%), doch für den Bezirk Karlsruhe ist der 5%-Abzug auf die Grundmiete eine bewährte Größenordnung. Entscheidend bleibt die transparente Abrechnung: Eigenersparnis wird nur von der Grundmiete, nicht auf separat erstattungsfähige Zusatzleistungen berechnet.

BGH‑Leitplanken, obergerichtliche Praxis und die Karlsruher Einordnung

  • Eignung der Tabellen: Der BGH hat explizit die allgemeine Eignung von Schwacke und Fraunhofer bejaht und die Bildung eines arithmetischen Mittels als zulässig anerkannt. Damit ist die Karlsruher „Fracke“-Lösung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gedeckt.

  • Anmietort und Schätzungsfreiheit: Maßgeblich ist der Anmietort, und der Tatrichter ist bei der Wahl der Schätzgrundlage frei, solange er sachlich begründet vorgeht; pauschale Ablehnungen ohne konkrete Vergleichsangebote genügen nicht. Das ist ständige Rechtsprechungslinie.

  • Subjektbezogene Erforderlichkeit: Verlangt der Geschädigte mehr als den Normaltarif, muss er bei bestreitenden Einwänden der Gegenseite darlegen, dass ihm kein günstigerer Tarif zugänglich war; darauf verweisen Instanzgerichte unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den BGH regelmäßig.

  • Breite obergerichtliche Zustimmung zur Mittelwert‑Methode: Mehrere OLG und LG stützen im Streit um Schwacke vs. Fraunhofer die Mittelwert‑Schätzung als faire Balance zwischen beiden Markterhebungen. Diese Linie findet sich etwa in Entscheidungen aus Köln, Hamm, Düsseldorf und anderen Bezirken wieder.

Diese Leitplanken stützen die Karlsruher Praxis, die sich seit Jahren als praxistauglich, transparent und verlässlich erwiesen hat.

Schritt-für-Schritt: So mieten Sie im Bezirk des OLG Karlsruhe „richtig“

  1. Bedarf und Dringlichkeit dokumentieren

  • Halten Sie fest, warum Sie mobil sein müssen (Beruf, Familie, Pflege, Termine) und ab wann. Bei akuter Eilsituation (sofortige Ersatzmobilität nach dem Unfall) sind niedrigere Anforderungen an Marktvergleiche gerechtfertigt. Diese subjektbezogene Betrachtung prägt die höchstrichterliche Linie.

  1. Fahrzeugklasse passend wählen

  • Anspruch besteht auf ein mindestens gleichwertiges Fahrzeug; klassentiefer ist zulässig und kann beim Eigenersparnisabzug positiv wirken. Für die Abrechnung maßgeblich ist die Fahrzeugklasse des tatsächlich angemieteten Wagens, nicht der beschädigte Unfallwagen. Notieren Sie die Klasse und die Gründe Ihrer Wahl.

  1. Angebote mit Augenmaß prüfen

  • In nicht‑akuten Lagen: Holen Sie 1–3 ortsnahe Vergleichsangebote (gleiche PLZ, Zeitraum, Ausstattung, SB‑Stufe, Zahlungsmodalitäten). Reale Verfügbarkeit zählt mehr als abstrakte Internetpreise. Der BGH sieht beide Tabellen als tauglich, doch konkrete, günstigere Angebote sind der beste Beleg.

  1. Haftungsreduzierung (SB‑Stufe) bewusst wählen

  • Fraunhofer enthält eine Vollkasko mit hoher SB. Wollen Sie eine niedrigere SB, fallen im Regelfall Zusatzkosten an, die – soweit erforderlich und angefallen – erstattungsfähig sind. Halten Sie SB‑Stufe und Begründung (Risikominimierung, wirtschaftlich sinnvoll) fest.

  1. Nebenkosten richtig managen

  • Zustellung/Abholung, Zusatzfahrer, Navigationsgerät, Anhängerkupplung: Buchen Sie nur, was nötig ist, und lassen Sie es sauber ausweisen. Erstattungsfähig sind diese Posten, wenn sie tatsächlich anfielen, erforderlich sind und nicht bereits im Tabellenwert enthalten.

  • Winterreifen: In der kalten Jahreszeit notwendig. Die Erstattungsfähigkeit als Nebenkosten hängt von der Schätzgrundlage und den Erläuterungen ab; Gerichte rechnen Winterreifen häufig als eigenständige Position bis zur Höhe der Schwacke‑Nebenkostentabelle, wenn sie konkret anfielen. Dokumentation und saisonaler Bezug sind entscheidend.

  1. Mietdauer realistisch planen – und belegen

  • Maßgeblich ist die tatsächlich erreichte Gesamtmietdauer. Stimmen Sie mit der Werkstatt ab, dokumentieren Sie Lieferengpässe und Verzögerungen. Für die Schätzung werden Bausteine (Woche/3 Tage/Tag) zu einem Tageswert kombiniert und mit der realen Mietdauer multipliziert.

  1. Abrechnung „à la Karlsruhe“

  • Schritt 1: Ermittlung des Normaltarifs als arithmetischer Mittelwert aus Schwacke (angepasst um Vollkaskokosten, sofern nötig) und Fraunhofer im PLZ‑Gebiet des Anmietorts für den konkreten Zeitraum. Schritt 2: Hinzurechnung tatsächlich angefallener, erforderlicher Nebenkosten, die nicht in den Grundmieten enthalten sind. Schritt 3: Abzug der Eigenersparnis (Karlsruhe: 5% auf die Grundmiete, nicht auf Nebenkosten). Diese Methode ist in der Karlsruher Rechtsprechung dokumentiert.


  • Unfallersatztarif‑Aufschläge nur mit Substanz

  • Ein pauschaler Zuschlag (z. B. 20%) für „unfallbedingte Mehrleistungen“ wird nur ersetzt, wenn konkrete Mehrkosten (24/7‑Bereitschaft, Vorhaltung, Vorfinanzierung) schlüssig dargelegt sind. Allgemeine Floskeln genügen nicht. Das OLG Karlsruhe ist hier strikt und folgt der BGH‑Linie.

  1. Zahlungsmodalitäten und Vorfinanzierung klären

  • Nicht jeder hat Kreditkarte oder Liquidität zur Vorfinanzierung. Dokumentieren Sie Ihre Situation und die Anmietbedingungen. In der subjektbezogenen Erforderlichkeitsprüfung zählt die reale Zugänglichkeit eines Tarifs unter den konkreten Umständen.

  1. Die richtigen Belege

  • Vollständige Rechnung mit Mietdauer, Grundmiete, Nebenkosten und SB‑Stufe, Nachweise zur Dringlichkeit und Verfügbarkeit, Werkstatttermine/‑pläne, Ersatzbeschaffungsunterlagen. Diese Unterlagen sind der Schlüssel gegen pauschale Kürzungen.

Typische Einwände der Versicherer – und Ihre souveräne Antwort

  • „Fraunhofer ist immer günstiger – also nur Fraunhofer!“ Antwort: Beide Tabellen sind geeignet. Karlsruhe wählt bewusst den Mittelwert, um Stärken und Schwächen auszugleichen. Maßgeblich ist der Anmietort, die Zeitnähe und die reale Verfügbarkeit der Tarife. Pauschale Fraunhofer‑Verweise reichen ohne Bezug zur konkreten Anmietsituation nicht. .

  • „Nebenkosten sind doppelt abgerechnet!“ Antwort: Die Karlsruher Methode rechnet erst den Mittelwert der Grundmieten und addiert dann nur solche Nebenkosten, die weder in Schwacke‑ noch in Fraunhofer‑Grundmieten enthalten sind – und zwar nur, wenn sie tatsächlich angefallen und erforderlich sind. Das verhindert Doppelansätze und ist gerichtlich anerkannt.

  • „Eigenersparnis muss höher sein und gilt auch für Nebenkosten!“ Antwort: In Karlsruhe beträgt der pauschale Abzug 5% und bezieht sich auf die Grundmiete, nicht auf separat erstattungsfähige Zusatzleistungen. Eine Ausdehnung auf Nebenkosten ist mit der Karlsruher Linie nicht vereinbar.

  • „Internetangebote sind viel billiger!“ Antwort: Internetpreise sind nur relevant, wenn sie im konkreten Anmietzeitraum und am Ort real zugänglich waren (inkl. Zahlungsmodalitäten, Vorlaufzeit). Im Zweifel überzeugt die Vorlage ortsnaher Vergleichsangebote mit identischen Parametern.

Fallmuster aus der Rechtsprechung: Methodik und Bausteine

  • BGH‑Leitlinien: Der Tatrichter darf Schwacke, Fraunhofer oder den arithmetischen Mittelwert verwenden; die Wahl ist frei, solange die Schätzung sachlich tragfähig ist. Maßgeblich ist der Anmietort; Listen dienen nur als Schätzgrundlage – konkrete Umstände können zu Zu- oder Abschlägen führen.

  • OLG‑ und LG‑Praxis: Zahlreiche Obergerichte und Kammern schätzen den Normaltarif nach dem arithmetischen Mittel und addieren Nebenkosten nur, soweit sie nicht in den Grundmieten enthalten sind; Winterreifen werden – je nach Tabellenbasis und Erläuterungen – gesondert berücksichtigt, wenn sie tatsächlich anfielen. Diese Struktur findet sich etwa in Entscheidungen aus Köln, Düsseldorf, Hamm und Frankfurt.

  • Karlsruhe‑Spezifika: Der Senat rechnet transparent mit PLZ‑Bezug zum Anmietort, zeitnahen Tabellen, Bausteinlogik (Woche/3 Tage/Tag), Mittelwertbildung, anschließender Nebenkostenprüfung und 5%‑Eigenersparnisabzug auf die Grundmiete. Pauschale Unfallersatzzuschläge ohne konkrete Darlegung werden abgelehnt.

Diese Bausteine ergeben das praxistaugliche Karlsruher Modell: robust gegen Pauschaleinwände und zugleich fair in der Einzelfallbetrachtung. .

Praxisfahrplan: Von der Anmietung bis zur Rückgabe – kompakt

  • Vor der Anmietung:

    • Nutzungswillen, Bedarf und Dringlichkeit schriftlich festhalten.

    • In nicht‑akuten Fällen: 1–3 ortsnahe Vergleichsangebote mit identischen Parametern (Klasse, Zeitraum, SB, Zusatzleistungen, Zahlungsweg) einholen.

  • Bei der Anmietung:

    • Fahrzeugklasse bewusst wählen, SB‑Stufe festlegen, nötige Zusatzleistungen (Zustellung/Abholung, Zusatzfahrer) vertraglich klar ausweisen lassen.

    • Winterbereifung saisonal absichern und ggf. als Nebenkosten dokumentieren.

  • Während der Mietzeit:

    • Werkstattkommunikation und Verzögerungen dokumentieren; die tatsächliche Mietdauer ist später maßgeblich.

  • Rückgabe/Abrechnung:

    • Rechnung mit Grundmiete und Nebenkosten, SB‑Stufe und Leistungen vollständig.

    • Abrechnung in drei Schritten nach Karlsruher Logik aufbereiten (Mittelwert – Nebenkosten – 5%‑Abzug auf Grundmiete).

Häufige Detailfragen – kurz beantwortet

  • Zählt die Mietdauerplanung oder die tatsächliche Mietdauer? – Maßgeblich ist die tatsächlich erreichte Gesamtmietdauer; die Schätzung arbeitet mit Bausteinen und Tageswerten.

  • Ist der Wohnort relevant? – Nein. Entscheidend ist der Anmietort, weil dort der Marktpreis gebildet wird.

  • Darf ich ohne Kreditkarte teurer anmieten? – Es kommt auf die reale Zugänglichkeit an. Wenn günstigere Tarife ohne Ihre verfügbaren Zahlungsmodalitäten praktisch nicht zugänglich waren, ist das in der subjektbezogenen Betrachtung zu berücksichtigen.

  • Werden Winterreifen extra bezahlt? – Häufig ja, soweit sie konkret anfielen und nicht bereits in den Grundmieten enthalten sind; viele Gerichte stützen sich dafür auf die Schwacke‑Nebenkostentabelle.

  • Gibt es pauschale Unfallersatzaufschläge? – Nur bei konkreter Darlegung unfallbedingter Mehrleistungen; pauschale Zuschläge ohne Substanz lehnt u. a. das OLG Karlsruhe ab.

Fazit: Karlsruhe steht für Ausgewogenheit – nutzen Sie das

  • Die „Fracke“-Methode (arithmetischer Mittelwert zwischen Schwacke und Fraunhofer) ist im OLG‑Bezirk Karlsruhe etabliert, transparent und vom BGH gedeckt. In Verbindung mit der klaren Nebenkostenlogik und einem maßvollen 5%‑Eigenersparnisabzug auf die Grundmiete liefert sie belastbare, streitfeste Ergebnisse.

  • Für Geschädigte bedeutet das: frühzeitig dokumentieren, Konditionen bewusst gestalten, Nebenkosten nur soweit nötig und sauber belegen, Mietdauer realistisch planen und die Karlsruher Rechenschritte in der Abrechnung nachvollziehbar darstellen. So erhöhen Sie die Chance auf weitgehende Kostenerstattung – und vermeiden typische Kürzungen.

Unsere Unterstützung im Verkehrsrecht

Unsere Kanzlei ist unter anderem auf das Verkehrsrecht spezialisiert. Ihr Ansprechpartner ist unser geschäftsführender Gesellschafter und Fachanwalt für Verkehrsrecht, Andrew Straßburger, gemeinsam mit seinem erfahrenen Verkehrsunfallteam. Wir prüfen Ihre Mietwagenrechnung und die begleitenden Unterlagen unmittelbar anhand der Karlsruher Schätzungsschritte (Fracke), der Nebenkostenlogik und des Eigenersparnis‑Ansatzes – und zeigen Ihnen, wo Sie Erstattungspotenzial sichern oder Einwände der Gegenseite effektiv entkräften. Vereinbaren Sie gern einen Termin, damit wir Ihre Ansprüche zügig und durchsetzungsstark realisieren.

Versicherungsrecht

2025

Die Tücke psychischer Unfallfolgen – Fall schwerster PTBS

Die Tücke psychischer Unfallfolgen – Fall schwerster PTBS


Wenn seelischer Schaden das ganze Leben überschattet – und Versicherer nicht zahlen wollen

Das Leben kann sich durch einen schweren Unfall schlagartig ändern – und manchmal sind die psychischen Wunden schwerer und langfristiger als die körperlichen. Immer mehr Mandanten leiden an massiven Folgen wie posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Das OLG Schleswig hat jetzt klargestellt: Wer nach einem Unfall schwere psychische Beschwerden entwickelt und dadurch dauerhaft erwerbsunfähig wird, bekommt grundsätzlich auch aus der Unfallversicherung Leistungen – ABER: Die Gerichte prüfen sehr streng, ob der Versicherte alles unternommen hat, um die Behandlung aufzunehmen und eine Chronifizierung zu vermeiden.


In dem Fall hatte ein Geschädigter seine ärztlich empfohlene Therapie abgebrochen und sich stattdessen selbst behandelt. Das Urteil war dramatisch: Die Versicherung war nicht verpflichtet, für die verschlimmerte, chronifizierte psychische Erkrankung voll zu leisten. Für Betroffene kann diese strenge Handhabung das endgültige Abrutschen ins soziale Abseits bedeuten – nach schwerem Unfall nun noch die Existenzangst.


Unser Rat: Achten Sie genau auf eine lückenlose medizinische Behandlung, dokumentieren Sie Ihren Leidensweg – und lassen Sie sich beim Streit mit der Versicherung von Anfang an rechtlich begleiten.
Ihr kompetenter Ansprechpartner für alle Fragen rund um Unfallfolgen und Versicherungsleistungen ist Rechtsanwalt Andrew Straßburger von der Kleiser Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.


OLG Schleswig, Az. 7 U 137/22

Aus der Praxis.

Aktuell informiert.

Verkehrsrecht

2025

Totalschaden – und jetzt? Warum Sie Ihr Unfallfahrzeug schnell und klug veräußern sollten

Ein wirtschaftlicher Totalschaden ist belastend – aber er eröffnet auch klare Handlungsmöglichkeiten. Wer zügig und richtig vorgeht, vermeidet Streit mit der gegnerischen Versicherung, reduziert Folgekosten (z. B. Stand- und Transportkosten) und beschleunigt die Auszahlung. Entscheidend ist: Lassen Sie ein belastbares Gutachten erstellen, in dem der Sachverständige drei konkrete Restwertangebote vom allgemeinen regionalen Markt einholt – und verwenden Sie für die Veräußerung den höchsten dieser drei Werte. Dokumentieren Sie den Verkauf schriftlich. Wurde Ihr Fahrzeug abgeschleppt, fragen Sie das Abschleppunternehmen, ob ein Ankauf zum höchsten regionalen Restwert möglich ist; so können Sie teure Weitertransporte vermeiden und die Abwicklung spürbar vereinfachen. Diese Vorgehensweise entspricht der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Wirtschaftlichkeitsgebot und zur subjektbezogenen Schadensbetrachtung.

Die drei Grundpfeiler: Wirtschaftlichkeitsgebot, regionaler Markt, drei Restwertangebote

  • Wirtschaftlichkeitsgebot: Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB muss der Geschädigte den wirtschaftlich vernünftigen Weg der Schadensbehebung wählen. Das gilt ausdrücklich auch für die Verwertung des Unfallfahrzeugs (Restwert). Der Bundesgerichtshof (BGH) betont, dass die Schadensersatzpflicht „von vornherein nur insoweit“ besteht, als sich die Verwertung im Rahmen wirtschaftlicher Vernunft hält. Zugleich erfolgt die Bewertung subjektbezogen: Es kommt auf Ihre Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten in Ihrer konkreten Lage an.

  • Allgemeiner regionaler Markt: Der Geschädigte leistet dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Regelfall Genüge, wenn er sein Fahrzeug zu dem Preis veräußert, den ein von ihm beauftragter Sachverständiger als Restwert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Eigene Marktforschung überregional oder in Internet-Restwertbörsen schulden Sie grundsätzlich nicht.

  • Drei konkrete Angebote: Der Sachverständige hat als belastbare Schätzgrundlage regelmäßig drei Restwertangebote einzuholen und im Gutachten konkret zu benennen. Diese Dreizahl entspricht der Empfehlung des 40. Deutschen Verkehrsgerichtstages und ist vom BGH mehrfach bestätigt worden.

Diese drei Eckpfeiler sind in jüngster Zeit erneut vom BGH bekräftigt worden. In der Entscheidung vom 25.03.2025 (VI ZR 174/24) hebt der BGH hervor, dass die Restwertfrage Teil des Wirtschaftlichkeitsgebots ist und die individuelle Situation des Geschädigten zu berücksichtigen bleibt; zugleich genügt der Geschädigte regelmäßig, wenn er auf ein ordnungsgemäßes Gutachten mit konkreter regionaler Restwertermittlung baut.

Schnell handeln – aber richtig: Warum Tempo bei der Veräußerung hilft

Je schneller nach Gutachtenerstellung veräußert wird, desto eher vermeiden Sie Streitpunkte wie Standkosten, Verzögerungen und sich ändernde Marktpreise. Die Rechtsprechung stellt klar, dass Sie grundsätzlich nicht warten müssen, bis die gegnerische Versicherung „vielleicht“ ein höheres Restwertangebot übersendet. Solange ein korrektes, regionales Dreierangebot im Gutachten vorliegt, sind Sie berechtigt, sofort zum gutachterlich ermittelten (höchsten) Restwert zu verkaufen.

Der BGH hat wiederholt betont, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, den Versicherer vorab um Stellungnahme zu bitten oder überregional/internetbasiert „bessere“ Angebote abzuwarten; die Abwicklung in eigener Regie ist gesetzlich gewollt. Dies wurde u. a. in den Entscheidungen VI ZR 358/18 (2019) und VI ZR 211/22 (2024) betont.

Ein praktisches Gegenbeispiel, wann ausnahmsweise ein Zuwarten geboten sein kann, ist selten – und dann nur, wenn die Versicherung vor dem Verkauf ein konkretes, zumutbares, verbindliches und oft sogar mit kostenloser Abholung verbundenes Höchstangebot vorlegt. Liegt ein solches annahmefähiges, höheres Angebot rechtzeitig vor, kann regelmäßig die Pflicht bestehen, es aus Schadensminderungsgründen zu berücksichtigen. Fehlt es daran, dürfen Sie verkaufen.

Der „Dreiklang“ im Gutachten: Drei regionale Restwertangebote – höchstes Angebot wählen

  • Warum drei? Die Dreizahl verhindert Zufallsergebnisse („Ausreißer“) und bildet den regionalen Markt zuverlässig ab. Deshalb verlangt der BGH, dass der Sachverständige regelmäßig drei konkrete regionale Angebote einholt und die Anbieter nennt.

  • Regionalität: Angebote müssen dem für Sie ohne weiteres zugänglichen regionalen Markt entstammen; internetbasierte Spezialbörsen sind regelmäßig kein Muss. Treffen die drei Angebote diese regionalen Anforderungen, genügt es, den höchsten dieser drei Werte als Restwert zugrunde zu legen.

  • Schriftliche Dokumentation: Halten Sie Angebot, Annahme und Kaufvertrag schriftlich fest (Kaufvertrag mit Datum, Anbieter, Betrag, etwaiger Abholungszusagen). Diese Dokumentation sichert den Nachweis der ordnungsgemäßen, wirtschaftlich vernünftigen Verwertung.

Auch Obergerichte folgen diesem Dreiklang: So hat das OLG Hamm bestätigt, dass der Geschädigte dem Wirtschaftlichkeitspostulat genügt, wenn er eines der drei im Gutachten genannten Restwertangebote – und zwar das höchste – realisiert. Maßgeblich ist der regionale Markt; auf internetbasierte Spezialbörsen kann der Geschädigte regelmäßig nicht verwiesen werden.

Abschleppunternehmen einbinden: Transportkosten vermeiden, Abwicklung erleichtern

Ist Ihr Fahrzeug abgeschleppt worden, lohnt stets die Nachfrage beim Abschleppunternehmen, ob ein Ankauf zum höchsten regionalen Restwert möglich ist. Das ist oft pragmatisch: Es erspart weitergehende Transport- und Standkosten, die sonst die Regulierung belasten können, und beschleunigt die Abwicklung vor Ort. Zudem enthalten manche Restwertangebote – auch aus der Versicherersphäre – ausdrücklich die Zusage einer kostenfreien Abholung; das zeigt, wie bedeutsam Logistik- und Transportkosten in der Restwertpraxis sind. Prüfen Sie daher stets, ob das Abschleppunternehmen die Abholung/Übernahme vor Ort mit abdeckt.

Wichtig: Bleiben Sie beim regionalen Markt. Wenn das Abschleppunternehmen als regionaler Anbieter auftritt und ein in das Dreier-Set passendes, verbindliches Höchstangebot stellt, kann der Verkauf dorthin besonders wirtschaftlich und komfortabel sein. Das beschleunigt die Auszahlung, vermeidet Doppel- oder Weitertransportkosten und hält Sie zugleich auf der sicheren Seite der Rechtsprechung.

Schriftlich verkaufen – warum die Form wichtig ist

Der Verkauf sollte stets schriftlich erfolgen: Es belegt Preis, Datum, Käuferdaten, Abholungsmodalitäten und ggf. die Anrechnung des Restwerts. Diese Klarheit hilft bei der anschließenden Regulierung, insbesondere wenn die Versicherung Fragen zur Höhe des Restwerts stellt oder behauptet, es habe ein höheres (später vorgelegtes) Angebot gegeben. Auch bei einem späteren Streit über den Zugang von Versichererangeboten zeigt eine lückenlose Dokumentation, dass Sie zügig und wirtschaftlich gehandelt haben.

Was gilt, wenn die Versicherung ein höheres Angebot schickt?

  • Vor dem Verkauf: Erhalten Sie vor der Veräußerung ein konkretes, zumutbares, verbindliches Höchstangebot (typischerweise mit kostenfreier Abholung, klarer Preisangabe und Ansprechpartner), kann ausnahmsweise eine Pflicht bestehen, dieses Angebot anzunehmen (Schadensminderungspflicht). Fehlt es an Verbindlichkeit, Zumutbarkeit oder rechtzeitiger Übermittlung, dürfen Sie zum höchsten regionalen Dreierangebot verkaufen.

  • Nach dem Verkauf: Haben Sie bereits veräußert, ist der erzielte Restwert maßgeblich. Ein nachträglich übersandtes „höheres“ Angebot bleibt regelmäßig unbeachtlich. Das Risiko, dass nach der Veräußerung andere (später) mehr geboten hätten, trägt grundsätzlich nicht der Geschädigte.

  • Nur regional und konkret zählt: Mehrfach hat die Rechtsprechung Internet-Höchstgebote verworfen, wenn sie nicht dem regionalen Markt entsprachen. Der BGH verlangt, dass die Restwertermittlung regional erfolgt und der Geschädigte nicht auf einen Sondermarkt im Internet verwiesen wird – es sei denn, besondere Konstellationen (z. B. professionelle Marktteilnehmer) rechtfertigen ausnahmsweise mehr.

Sonderfälle: Leasing, Sicherungsübereignung, gewerbliche Marktkenntnis

Die Rechtsprechung bleibt subjektbezogen: In besonderen Konstellationen – z. B. bei Leasinggeberinnen, Autohaus-Geschädigten oder Sicherungsnehmerinnen (Banken) – können strengere Anforderungen an die Restwertrecherche gelten, insbesondere wenn diese Akteure typischerweise über erweiterte Marktkenntnisse verfügen und ihnen die Nutzung überregionaler oder internetbasierter Restwertbörsen zumutbar ist. In der aktuellen BGH-Entscheidung vom 25.03.2025 (VI ZR 174/24) hat der Senat betont, dass bei gewerblich mit dem Automarkt vertrauten Eigentümern (hier: Sicherungsnehmerin/Bank) die Messlatte höher liegen kann; fehlt dem Geschädigten (Kläger) hierzu Vortrag, kann der Versicherer mit einem höheren (internetbasierten) Angebot durchdringen. Ergebnis dort: Anrechnung eines höheren, internetbasierten Restwerts. Für private Geschädigte ohne besondere Marktkenntnis gilt diese Verschärfung regelmäßig nicht.

Gleichzeitig hat der BGH (zuletzt am 02.07.2024 – VI ZR 211/22 – und am 25.06.2019 – VI ZR 358/18) den Grundsatz bestätigt: Der private Geschädigte darf grundsätzlich auf die korrekt ermittelte regionale Dreier-Restwertbasis vertrauen, ohne überregional zu recherchieren oder die Versicherung abzuwarten. Das Risiko einer „besseren“ internetbasierten Verwertung trägt dann nicht er.

Aktuelle Rechtsprechung im Überblick – was Sie wissen sollten

  • BGH, Urteil vom 25.03.2025 – VI ZR 174/24: Wirtschaftlichkeitsgebot gilt auch für den Restwert; subjektbezogene Betrachtung bleibt maßgeblich. Private Geschädigte genügen dem Gebot regelmäßig durch Verkauf zum im Gutachten regional und konkret ermittelten Restwert (drei Angebote). In Konstellationen mit gewerblich versierten Eigentümern (z. B. Sicherungsnehmerin/Bank) kann ein höheres, internetbasiertes Angebot maßgeblich sein, wenn die strengeren Maßstäbe greifen und der Kläger hierzu nicht hinreichend vorträgt.

  • BGH, st. Rspr. – u. a. 02.07.2024 – VI ZR 211/22; 25.06.2019 – VI ZR 358/18; 27.09.2016 – VI ZR 673/15; 13.10.2009 – VI ZR 318/08: Der Geschädigte genügt regelmäßig, wenn er auf ein korrektes Gutachten mit drei regionalen Angeboten baut; keine Pflicht zur Internetrecherche oder zum Abwarten eines etwaigen Versichererangebots vor Veräußerung. .

  • OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2023 – 11 U 66/22: Realisiert der Geschädigte das höchste der drei im Gutachten ermittelten regionalen Angebote, genügt er dem Wirtschaftlichkeitsgebot; ein später vorgelegtes überregionales Angebot ist unbeachtlich, wenn es weder regional noch rechtzeitig ist.

  • OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2018 – 1 U 55/17: Internetbasierte Einzelgebote ersetzen nicht die Ermittlung des regionalen Marktes anhand von mindestens drei Angeboten; Ausreißer sind abzufangen.

  • Praxishinweise aus der Rechtsprechung: Der Geschädigte darf sogleich zum gutachterlich ermittelten Restwert verkaufen; bloße Ankündigungen der Versicherung, „bald“ ein höheres Angebot zu schicken, genügen nicht. Entscheidend sind konkrete, rechtzeitig übermittelte, annahmefähige Angebote; ansonsten bleibt der Weg frei für die sofortige Veräußerung zum höchsten regionalen Dreierangebot.

Praxisleitfaden: So gehen Sie Schritt für Schritt vor

  1. Sofort Sachverständigen beauftragen

  • Ziel: Feststellung Totalschaden, Wiederbeschaffungswert, Restwert.

  • Achten Sie darauf, dass der Gutachter drei regionale Restwertangebote einholt, die Anbieter konkret benennt (mit Kontaktdaten) und die Regionalität nachvollziehbar ist. Nur so können Sie rechtssicher verkaufen.

  1. Höchstes der drei regionalen Restwertangebote zugrunde legen

  • Sobald das Gutachten vorliegt, dürfen Sie den Verkauf zu diesem Höchstrestwert realisieren. Das genügt dem Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn das Gutachten die korrekte Wertermittlung erkennen lässt.

  1. Schriftlich verkaufen

  • Halten Sie Kaufpreis, Datum, Käufer, Abholmodalität, Fahrzeugdaten und ggf. Zusagen (kostenlose Abholung) schriftlich fest. Diese Dokumentation erleichtert die Regulierung und wehrt spätere Einwände ab.

  1. Abschleppunternehmen ansprechen

  • Wenn das Fahrzeug bereits dort steht: Fragen Sie nach einem Ankauf zum höchsten regionalen Restwert. Häufig sind Logistik/Abholung schon organisiert; manche Angebote enthalten sogar eine kostenlose Abholung – das kann teure Weitertransporte vermeiden und die Abwicklung beschleunigen.

  1. Versicherung informieren – aber nicht ausbremsen lassen

  • Sie sind nicht verpflichtet, vor Verkauf auf (mögliche) Versichererangebote zu warten. Kommt vor Veräußerung ein konkretes, verbindliches, zumutbares Höchstangebot, prüfen Sie es ernsthaft – sonst dürfen Sie zum höchsten regionalen Dreierangebot verkaufen.

  1. Belege sammeln

  • Gutachten, drei Angebote, Kaufvertrag, Abholbestätigung, Zahlungsnachweis, Abschlepp-/Standkosten: Lückenlose Unterlagen beugen Streit vor und stützen Ihre Position.

Typische Einwände der Versicherung – und wie die Rechtsprechung darauf reagiert

  • „Sie hätten auf unser besseres Angebot warten müssen.“
    Antwort: Ohne konkretes, verbindliches, rechtzeitig übermitteltes Angebot trifft Sie grundsätzlich keine Wartepflicht; Sie dürfen sofort zum höchsten regionalen Restwert veräußern. Bloße Ankündigungen („wir prüfen“, „bald Angebot“) genügen nicht.

  • „Der regionale Markt ist zu klein – Internetbörsen bringen mehr.“
    Antwort: Der BGH verlangt grundsätzlich den regionalen Markt. Auf überregionale oder internetbasierte Sondermärkte müssen private Geschädigte ohne besondere Marktkenntnis nicht ausweichen. Anders nur in Sonderkonstellationen (Leasinggeber, Autohaus, Bank als Sicherungsnehmerin) mit spezifischer Marktnähe.

  • „Das Gutachten nennt keine drei regionalen Angebote/ist unklar.“
    Antwort: Ein ordnungsgemäßes Gutachten muss drei regionale Angebote konkret benennen. Fehlt das, kann das Vertrauen eingeschränkt sein; hier empfiehlt sich die Nachbesserung durch den Sachverständigen. Liegen die drei Angebote vor und sind regional, genügt der Verkauf zum höchsten Angebot.

  • „Unser Angebot war höher und enthielt kostenlose Abholung – das hätten Sie annehmen müssen.“
    Antwort: Nur wenn dieses Angebot rechtzeitig vor dem Verkauf und für Sie zumutbar sowie verbindlich war, kann eine Annahmepflicht bestehen. Andernfalls bleibt Ihr Verkauf zum höchsten regionalen Dreierangebot rechtmäßig. Beachten Sie: Die kostenlose Abholung zeigt, dass Logistik eine entscheidende Rolle spielt – sie kann die Zumutbarkeit erhöhen.

Häufige Fehler – und wie Sie sie vermeiden

  • Zu wenig oder falsche Angebote: Achten Sie darauf, dass der Gutachter drei regionale, konkrete Angebote dokumentiert. Fehlen Regionalität oder Konkretisierung, leidet die Beweiskraft – und die Versicherung hat Angriffsfläche. .

  • Warten auf „Ankündigungen“: Verzögern Sie nicht unnötig. Ohne rechtzeitig übermittelte, konkrete Angebote der Gegenseite dürfen Sie umgehend verkaufen.

  • Unklare Verkaufsdokumentation: Der Verkauf muss schriftlich belegt werden (Kaufvertrag/Ankaufsschein mit Datum, Preis, Daten). Das vermeidet spätere Beweisnöte.

  • Teure Folgekosten: Prüfen Sie mit dem Abschleppunternehmen die Möglichkeit der Übernahme/Ankaufs vor Ort zum höchsten regionalen Restwert, um Weitertransporte und Standkosten zu vermeiden. Prüfen Sie auch, ob das Angebot eine kostenlose Abholung enthält.

Kurz-Fallstudien aus jüngerer Rechtsprechung

  • OLG Hamm 2023 (11 U 66/22): Geschädigter realisiert das höchste von drei regionalen Restwertangeboten; kein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, selbst wenn die Versicherung später ein überregionales, höheres Angebot benennt, das weder regional noch rechtzeitig war. Ergebnis: Anspruch zugesprochen.

  • OLG Düsseldorf 2018 (1 U 55/17): Vier Internetgebote ersetzen nicht den regionalen Markt; drei regionale Angebote sind erforderlich, um Ausreißer zu vermeiden. Ergebnis: Der Geschädigte durfte sich am regionalen Dreier-Set orientieren.

  • BGH 2025 (VI ZR 174/24): Bei einer Sicherungsnehmerin/Bank als (Mit-)Berechtigte stellte der BGH auf strengere Maßstäbe ab; mangels Darlegung des Klägers zur subjektbezogenen Betrachtung setzte sich ein höheres internetbasiertes Angebot durch. Merksatz: Private dürfen regional bleiben; professionelle Marktakteure müssen ggf. mehr.

FAQ: Ihre wichtigsten Fragen zur Restwertveräußerung nach Totalschaden

  • Muss ich vor dem Verkauf auf ein Angebot der Versicherung warten?
    Nein – sofern Ihr Gutachten eine korrekte Restwertermittlung auf regionaler Dreierbasis enthält. Nur ein rechtzeitig übermitteltes, verbindliches und zumutbares Höchstangebot kann ausnahmsweise vorgehen.

  • Darf ich das Fahrzeug an das Abschleppunternehmen verkaufen?
    Ja, wenn das Abschleppunternehmen ein in das regionale Dreier-Set passendes, verbindliches (idealerweise höchstes) Angebot stellt. Das ist regelmäßig sinnvoll, da Logistik und Abholung oft bereits organisiert sind; manche Angebote beinhalten kostenlose Abholung.

  • Was passiert, wenn die Versicherung später ein höheres Internetangebot präsentiert?
    Ist der Verkauf bereits erfolgt, bleibt Ihr erzielter (korrekt ermittelter) Restwert maßgeblich. Nur vor dem Verkauf rechtzeitig vorgelegte, zumutbare Angebote sind relevant.

  • Was, wenn mein Gutachten keine drei regionalen Angebote enthält?
    Bitten Sie den Sachverständigen um Ergänzung/Nachbesserung. Der BGH fordert regelmäßig drei regionale Angebote; das sichert Ihre Position erheblich.

  • Muss ich überregional oder im Internet nach höheren Angeboten suchen?
    Regelmäßig nein – für private Geschädigte genügt der regionale Markt. Sonderfälle (z. B. Leasinggeber, Autohaus, Bank als Sicherungsnehmerin) können strengere Anforderungen begründen.

Checkliste für die Mandantschaft

  • Auftrag an Sachverständigen mit klarer Vorgabe: drei regionale Restwertangebote, Anbieter benennen, Höchstwert dokumentieren.

  • Verkauf zum höchsten der drei regionalen Angebote. Zügig.

  • Schriftlicher Kaufvertrag mit Datum, Preis, Käufer, Abholmodalitäten.

  • Abschleppunternehmen ansprechen: Ankauf/Übernahme vor Ort zum Höchstrestwert? Kostenlose Abholung? So lassen sich Transport- und Standkosten vermeiden.

  • Versicherer informieren – aber nicht blockieren lassen: Nur konkrete, verbindliche, zumutbare und rechtzeitig übermittelte Angebote sind zu beachten.

  • Lückenlos dokumentieren: Gutachten, Angebote, Kaufvertrag, Zahlungsbeleg, ggf. Logistik-/Abholzusagen.

Fazit

Nach Feststellung eines Totalschadens gilt: Handeln Sie zügig – aber auf sicherem rechtlichen Fundament. Ein Gutachten mit drei konkreten regionalen Restwertangeboten und die Veräußerung zum höchsten dieser Werte sind die Schlüsselbausteine. Der Verkauf sollte schriftlich erfolgen. Steht das Fahrzeug beim Abschleppunternehmen, lohnt die Nachfrage, ob ein Ankauf zum Höchstrestwert möglich ist; so vermeiden Sie Weitertransportkosten und beschleunigen die Abwicklung. Die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung stützt dieses Vorgehen klar – mit der wichtigen Nuance, dass professionelle Marktakteure (z. B. Leasinggeber, Autohaus, Bank als Sicherungsnehmerin) im Einzelfall strengere Anforderungen erfüllen müssen. Für private Geschädigte bleibt maßgeblich: regional, konkret, dreifach – und schnell.

Hinweis zu unseren Quellen:

  • BGH, Urteil vom 25.03.2025 – VI ZR 174/24 (juris/amtliche Fassung) zur Restwertbestimmung, Wirtschaftlichkeitsgebot und subjektbezogener Schadensbetrachtung.

  • BGH (u. a. 02.07.2024 – VI ZR 211/22; 25.06.2019 – VI ZR 358/18; 27.09.2016 – VI ZR 673/15; 13.10.2009 – VI ZR 318/08) zum regionalen Markt, Dreierangeboten und Abrechnungsmodalitäten.

  • OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2023 – 11 U 66/22, zur Realisierung des höchsten Dreierangebots und Unbeachtlichkeit verspäteter/überregionaler Versichererangebote.

  • OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2018 – 1 U 55/17, zur Notwendigkeit dreier regionaler Angebote und zur Ungeeignetheit bloßer Internetgebote.

  • Weitere praxisnahe Leitsätze zur sofortigen Veräußerung auf Grundlage eines korrekten Gutachtens, ohne Abwarten bloßer Ankündigungen der Versicherung.

  • Zur Ermittlung und Dokumentation der drei regionalen Angebote durch den Sachverständigen (40. Verkehrsgerichtstag).

  • Zur Abwicklung und Logistik: Relevanz kostenloser Abholung in verbindlichen Restwertangeboten (zumutbare Annahme).

Wenn Sie möchten, prüfen wir Ihr aktuelles Gutachten und organisieren die rechtssichere Veräußerung – schnell, schriftlich und zum höchsten regionalen Restwert.

Verkehrsrecht

2025

Mietwagenkosten nach dem Unfall im Bezirk des OLG Karlsruhe: Was erstattet wird – und wie Sie es richtig machen

Wenn nach einem Verkehrsunfall schnell ein Ersatzfahrzeug her muss, sind Mietwagenkosten einer der häufigsten Streitpunkte mit der gegnerischen Haftpflicht. Die gute Nachricht: Die Rechtsprechung im Bezirk des OLG Karlsruhe ist in wesentlichen Fragen verlässlich und methodisch konsistent. Dieser Beitrag erklärt die rechtliche Ausgangslage, die Karlsruher Linie zur Ermittlung des „Normaltarifs“, die Behandlung von Nebenkosten und Eigenersparnis und gibt Ihnen eine konkrete Schritt-für-Schritt-Handlungsempfehlung von der Anmietung bis zur Rückgabe – damit Ihre Erstattungsquote maximal und der Ärger minimal bleibt. .

Die rechtliche Ausgangslage: § 249 BGB, Wirtschaftlichkeitsgebot und § 287 ZPO

  • Ausgangspunkt ist § 249 Abs. 2 S. 1 BGB: Erstattet wird der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag. Beim Mietwagen bedeutet das den Preis, den ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in Ihrer Lage für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Diese Maßstäbe prägen die höchst- und obergerichtliche Linie; die konkrete Höhe wird vom Tatrichter im Rahmen des § 287 ZPO geschätzt. Listen oder Tabellen sind dafür zulässig, solange die Schätzung sachgerecht begründet ist.

  • Der Bundesgerichtshof hat mehrfach klargestellt: Sowohl der Schwacke-Automietpreisspiegel als auch der Fraunhofer-Marktpreisspiegel sind grundsätzlich geeignete Schätzgrundlagen; ebenso ist die Bildung eines arithmetischen Mittels aus beiden Tabellen zulässig. Entscheidend ist nicht die „richtige“ Tabelle, sondern eine tragfähige, sachliche Begründung der Schätzung.

  • Daraus folgt: Wer einen deutlich über dem marktüblichen Normaltarif liegenden Unfallersatztarif verlangt, muss im Streitfall darlegen, weshalb ihm bei zumutbarer Erkundigung kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war. Diese subjektbezogene Betrachtung flankiert das Wirtschaftlichkeitsgebot und wird von der Rechtsprechung konsequent angewandt.

  • Für die gerichtliche Schätzung gilt außerdem: Maßgeblich ist der Anmietort (nicht der Wohnort des Geschädigten), weil dort die reale Marktlage abgebildet wird. Das hat der BGH ausdrücklich betont.

Diese Grundsätze sind der dogmatische Rahmen, in dem auch das OLG Karlsruhe seine gefestigte Praxis zur Ermittlung der erstattungsfähigen Mietwagenkosten entwickelt hat.

Die Linie des OLG Karlsruhe: „Fracke“ – der Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer

Der Karlsruher Senat folgt einem klaren, praxistauglichen Schema: Er ermittelt den Normaltarif grundsätzlich als arithmetisches Mittel („Fracke“) aus den einschlägigen Werten der Schwacke- und Fraunhofer-Erhebungen, bezogen auf den relevanten Postleitzahlenbereich des Anmietorts und die konkrete Mietdauer (Wochen‑/3‑Tages‑/Tages‑Bausteine). Bei Fraunhofer wird mangels Modus der Mittelwert zugrunde gelegt; Schwacke wird entsprechend „angeglichen“, um methodische Verzerrungen zu vermeiden.

Warum Karlsruhe den Mittelwert bevorzugt:

  • Beide Erhebungen sind geeignet, weisen aber jeweils Schwächen auf (Schwacke: offene Befragung, regionale Tiefe; Fraunhofer: Internetfokus, gröberes PLZ‑Raster, Vorbuchungsbezug). Der Mittelwert reduziert Extremwerteinflüsse und nähert sich robust dem regionalen Normaltarif an. Dies entspricht der höchstrichterlichen Flexibilität und der obergerichtlichen Praxis. .

Wie Karlsruhe rechnet:

  • Postleitzahl: maßgeblich ist der Anmietort.

  • Zeitnähe: es wird mit der aktuellen bzw. zeitnächsten Tabelle gerechnet.

  • Dauerlogik: Wochen‑/3‑Tages‑/Tages‑Bausteine werden kombiniert, um einen Tageswert zu bilden und mit der tatsächlich erreichten Gesamtmietdauer zu multiplizieren. Die tatsächliche Mietdauer (nicht die ursprünglich geplante) ist maßgeblich.

  • Vollkaskokonsistenz: Da Fraunhofer die Vollkasko mit hoher SB (typisch 750–950 €) bereits enthält, werden ältere Schwacke‑Werte, die noch keine Vollkasko in der Grundmiete abbilden, vor der Mittelwertbildung um die Schwacke‑Nebenkostentabelle für Vollkasko ergänzt. So werden die Tabellenwerte vergleichbar.

Die Karlsruher Linie ist für die forensische Praxis mehrfach bestätigt worden, fügt sich in die BGH‑Rechtsprechung ein und wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung breit reflektiert. .

Nebenkosten: Was erstattungsfähig ist – und wie Karlsruhe sie einordnet

Nebenkosten sind häufiges Angriffsziel der Versicherer. Die Karlsruher Methode schafft hier Klarheit:

  • Prinzip: Erst wird der Normaltarif als arithmetischer Mittelwert aus Schwacke und Fraunhofer gebildet. Erstattungsfähige, tatsächlich angefallene Zusatzleistungen, die in den Grundmieten beider Erhebungen nicht enthalten sind, werden anschließend hinzugerechnet. Dazu zählen insbesondere: Haftungsreduzierung (je nach SB‑Stufe), Zustellung/Abholung, Zusatzfahrer, Winterreifen, spezielle Ausstattung (Navigationsgerät, Anhängerkupplung).

  • Vollkaskoschutz/Haftungsreduzierung (CDW): Fraunhofer‑Werte enthalten in der Regel bereits eine Vollkasko mit höherer SB; niedrigere SB‑Stufen verursachen Zusatzkosten und sind separaterstattungsfähig, sofern notwendig und angefallen. Schwacke‑Werte bis 2010 mussten zudem um Vollkaskokosten ergänzend berichtet werden, bevor der Mittelwert gebildet wird.

  • Winterreifen: Sind bei Fraunhofer zwar „jahreszeitgerecht“ berücksichtigt, die Behandlung war in den Erläuterungen teils uneinheitlich; deshalb hat die Instanzpraxis häufig Winterreifen als gesonderte Nebenkosten bis zur Höhe der Schwacke‑Nebenkostentabelle anerkannt, wenn sie konkret angefallen sind.

  • Zustellung/Abholung, Zusatzfahrer, Ausstattung: Diese Leistungen sind – wenn sie tatsächlich genutzt, erforderlich und nicht bereits in der Tabellenbasis enthalten sind – als Nebenkosten zu berücksichtigen. In der gerichtlichen Praxis werden die Beträge, soweit Fraunhofer keine Nebenkostensätze ausweist, aus der Schwacke‑Nebenkostentabelle entnommen; sind die konkret abgerechneten Kosten niedriger, sind diese maßgeblich.

Diese Abfolge – erst „Fracke“-Normaltarif, dann Nebenkosten – ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung angelegt und wird vom Kammergericht sowie dem OLG Köln methodisch erläutert und angewandt.

Eigenersparnis: Pauschaler Abzug – aber richtig bemessen

Wer mit einem Mietwagen fährt, spart Abnutzung am eigenen Fahrzeug. Karlsruhe berücksichtigt das über einen pauschalen Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 5% – bezogen auf die Grundmiete, nicht auf die Nebenkosten. Diese 5%-Linie ist in der Karlsruher Rechtsprechung dokumentiert und wird in der Instanzpraxis häufig übernommen. Bei klassentieferer Anmietung kann aus Billigkeitsgründen vom Abzug abgesehen werden. .

Auch in anderen Sprengeln finden sich abweichende Sätze (teils 4% oder 10%), doch für den Bezirk Karlsruhe ist der 5%-Abzug auf die Grundmiete eine bewährte Größenordnung. Entscheidend bleibt die transparente Abrechnung: Eigenersparnis wird nur von der Grundmiete, nicht auf separat erstattungsfähige Zusatzleistungen berechnet.

BGH‑Leitplanken, obergerichtliche Praxis und die Karlsruher Einordnung

  • Eignung der Tabellen: Der BGH hat explizit die allgemeine Eignung von Schwacke und Fraunhofer bejaht und die Bildung eines arithmetischen Mittels als zulässig anerkannt. Damit ist die Karlsruher „Fracke“-Lösung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gedeckt.

  • Anmietort und Schätzungsfreiheit: Maßgeblich ist der Anmietort, und der Tatrichter ist bei der Wahl der Schätzgrundlage frei, solange er sachlich begründet vorgeht; pauschale Ablehnungen ohne konkrete Vergleichsangebote genügen nicht. Das ist ständige Rechtsprechungslinie.

  • Subjektbezogene Erforderlichkeit: Verlangt der Geschädigte mehr als den Normaltarif, muss er bei bestreitenden Einwänden der Gegenseite darlegen, dass ihm kein günstigerer Tarif zugänglich war; darauf verweisen Instanzgerichte unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den BGH regelmäßig.

  • Breite obergerichtliche Zustimmung zur Mittelwert‑Methode: Mehrere OLG und LG stützen im Streit um Schwacke vs. Fraunhofer die Mittelwert‑Schätzung als faire Balance zwischen beiden Markterhebungen. Diese Linie findet sich etwa in Entscheidungen aus Köln, Hamm, Düsseldorf und anderen Bezirken wieder.

Diese Leitplanken stützen die Karlsruher Praxis, die sich seit Jahren als praxistauglich, transparent und verlässlich erwiesen hat.

Schritt-für-Schritt: So mieten Sie im Bezirk des OLG Karlsruhe „richtig“

  1. Bedarf und Dringlichkeit dokumentieren

  • Halten Sie fest, warum Sie mobil sein müssen (Beruf, Familie, Pflege, Termine) und ab wann. Bei akuter Eilsituation (sofortige Ersatzmobilität nach dem Unfall) sind niedrigere Anforderungen an Marktvergleiche gerechtfertigt. Diese subjektbezogene Betrachtung prägt die höchstrichterliche Linie.

  1. Fahrzeugklasse passend wählen

  • Anspruch besteht auf ein mindestens gleichwertiges Fahrzeug; klassentiefer ist zulässig und kann beim Eigenersparnisabzug positiv wirken. Für die Abrechnung maßgeblich ist die Fahrzeugklasse des tatsächlich angemieteten Wagens, nicht der beschädigte Unfallwagen. Notieren Sie die Klasse und die Gründe Ihrer Wahl.

  1. Angebote mit Augenmaß prüfen

  • In nicht‑akuten Lagen: Holen Sie 1–3 ortsnahe Vergleichsangebote (gleiche PLZ, Zeitraum, Ausstattung, SB‑Stufe, Zahlungsmodalitäten). Reale Verfügbarkeit zählt mehr als abstrakte Internetpreise. Der BGH sieht beide Tabellen als tauglich, doch konkrete, günstigere Angebote sind der beste Beleg.

  1. Haftungsreduzierung (SB‑Stufe) bewusst wählen

  • Fraunhofer enthält eine Vollkasko mit hoher SB. Wollen Sie eine niedrigere SB, fallen im Regelfall Zusatzkosten an, die – soweit erforderlich und angefallen – erstattungsfähig sind. Halten Sie SB‑Stufe und Begründung (Risikominimierung, wirtschaftlich sinnvoll) fest.

  1. Nebenkosten richtig managen

  • Zustellung/Abholung, Zusatzfahrer, Navigationsgerät, Anhängerkupplung: Buchen Sie nur, was nötig ist, und lassen Sie es sauber ausweisen. Erstattungsfähig sind diese Posten, wenn sie tatsächlich anfielen, erforderlich sind und nicht bereits im Tabellenwert enthalten.

  • Winterreifen: In der kalten Jahreszeit notwendig. Die Erstattungsfähigkeit als Nebenkosten hängt von der Schätzgrundlage und den Erläuterungen ab; Gerichte rechnen Winterreifen häufig als eigenständige Position bis zur Höhe der Schwacke‑Nebenkostentabelle, wenn sie konkret anfielen. Dokumentation und saisonaler Bezug sind entscheidend.

  1. Mietdauer realistisch planen – und belegen

  • Maßgeblich ist die tatsächlich erreichte Gesamtmietdauer. Stimmen Sie mit der Werkstatt ab, dokumentieren Sie Lieferengpässe und Verzögerungen. Für die Schätzung werden Bausteine (Woche/3 Tage/Tag) zu einem Tageswert kombiniert und mit der realen Mietdauer multipliziert.

  1. Abrechnung „à la Karlsruhe“

  • Schritt 1: Ermittlung des Normaltarifs als arithmetischer Mittelwert aus Schwacke (angepasst um Vollkaskokosten, sofern nötig) und Fraunhofer im PLZ‑Gebiet des Anmietorts für den konkreten Zeitraum. Schritt 2: Hinzurechnung tatsächlich angefallener, erforderlicher Nebenkosten, die nicht in den Grundmieten enthalten sind. Schritt 3: Abzug der Eigenersparnis (Karlsruhe: 5% auf die Grundmiete, nicht auf Nebenkosten). Diese Methode ist in der Karlsruher Rechtsprechung dokumentiert.


  • Unfallersatztarif‑Aufschläge nur mit Substanz

  • Ein pauschaler Zuschlag (z. B. 20%) für „unfallbedingte Mehrleistungen“ wird nur ersetzt, wenn konkrete Mehrkosten (24/7‑Bereitschaft, Vorhaltung, Vorfinanzierung) schlüssig dargelegt sind. Allgemeine Floskeln genügen nicht. Das OLG Karlsruhe ist hier strikt und folgt der BGH‑Linie.

  1. Zahlungsmodalitäten und Vorfinanzierung klären

  • Nicht jeder hat Kreditkarte oder Liquidität zur Vorfinanzierung. Dokumentieren Sie Ihre Situation und die Anmietbedingungen. In der subjektbezogenen Erforderlichkeitsprüfung zählt die reale Zugänglichkeit eines Tarifs unter den konkreten Umständen.

  1. Die richtigen Belege

  • Vollständige Rechnung mit Mietdauer, Grundmiete, Nebenkosten und SB‑Stufe, Nachweise zur Dringlichkeit und Verfügbarkeit, Werkstatttermine/‑pläne, Ersatzbeschaffungsunterlagen. Diese Unterlagen sind der Schlüssel gegen pauschale Kürzungen.

Typische Einwände der Versicherer – und Ihre souveräne Antwort

  • „Fraunhofer ist immer günstiger – also nur Fraunhofer!“ Antwort: Beide Tabellen sind geeignet. Karlsruhe wählt bewusst den Mittelwert, um Stärken und Schwächen auszugleichen. Maßgeblich ist der Anmietort, die Zeitnähe und die reale Verfügbarkeit der Tarife. Pauschale Fraunhofer‑Verweise reichen ohne Bezug zur konkreten Anmietsituation nicht. .

  • „Nebenkosten sind doppelt abgerechnet!“ Antwort: Die Karlsruher Methode rechnet erst den Mittelwert der Grundmieten und addiert dann nur solche Nebenkosten, die weder in Schwacke‑ noch in Fraunhofer‑Grundmieten enthalten sind – und zwar nur, wenn sie tatsächlich angefallen und erforderlich sind. Das verhindert Doppelansätze und ist gerichtlich anerkannt.

  • „Eigenersparnis muss höher sein und gilt auch für Nebenkosten!“ Antwort: In Karlsruhe beträgt der pauschale Abzug 5% und bezieht sich auf die Grundmiete, nicht auf separat erstattungsfähige Zusatzleistungen. Eine Ausdehnung auf Nebenkosten ist mit der Karlsruher Linie nicht vereinbar.

  • „Internetangebote sind viel billiger!“ Antwort: Internetpreise sind nur relevant, wenn sie im konkreten Anmietzeitraum und am Ort real zugänglich waren (inkl. Zahlungsmodalitäten, Vorlaufzeit). Im Zweifel überzeugt die Vorlage ortsnaher Vergleichsangebote mit identischen Parametern.

Fallmuster aus der Rechtsprechung: Methodik und Bausteine

  • BGH‑Leitlinien: Der Tatrichter darf Schwacke, Fraunhofer oder den arithmetischen Mittelwert verwenden; die Wahl ist frei, solange die Schätzung sachlich tragfähig ist. Maßgeblich ist der Anmietort; Listen dienen nur als Schätzgrundlage – konkrete Umstände können zu Zu- oder Abschlägen führen.

  • OLG‑ und LG‑Praxis: Zahlreiche Obergerichte und Kammern schätzen den Normaltarif nach dem arithmetischen Mittel und addieren Nebenkosten nur, soweit sie nicht in den Grundmieten enthalten sind; Winterreifen werden – je nach Tabellenbasis und Erläuterungen – gesondert berücksichtigt, wenn sie tatsächlich anfielen. Diese Struktur findet sich etwa in Entscheidungen aus Köln, Düsseldorf, Hamm und Frankfurt.

  • Karlsruhe‑Spezifika: Der Senat rechnet transparent mit PLZ‑Bezug zum Anmietort, zeitnahen Tabellen, Bausteinlogik (Woche/3 Tage/Tag), Mittelwertbildung, anschließender Nebenkostenprüfung und 5%‑Eigenersparnisabzug auf die Grundmiete. Pauschale Unfallersatzzuschläge ohne konkrete Darlegung werden abgelehnt.

Diese Bausteine ergeben das praxistaugliche Karlsruher Modell: robust gegen Pauschaleinwände und zugleich fair in der Einzelfallbetrachtung. .

Praxisfahrplan: Von der Anmietung bis zur Rückgabe – kompakt

  • Vor der Anmietung:

    • Nutzungswillen, Bedarf und Dringlichkeit schriftlich festhalten.

    • In nicht‑akuten Fällen: 1–3 ortsnahe Vergleichsangebote mit identischen Parametern (Klasse, Zeitraum, SB, Zusatzleistungen, Zahlungsweg) einholen.

  • Bei der Anmietung:

    • Fahrzeugklasse bewusst wählen, SB‑Stufe festlegen, nötige Zusatzleistungen (Zustellung/Abholung, Zusatzfahrer) vertraglich klar ausweisen lassen.

    • Winterbereifung saisonal absichern und ggf. als Nebenkosten dokumentieren.

  • Während der Mietzeit:

    • Werkstattkommunikation und Verzögerungen dokumentieren; die tatsächliche Mietdauer ist später maßgeblich.

  • Rückgabe/Abrechnung:

    • Rechnung mit Grundmiete und Nebenkosten, SB‑Stufe und Leistungen vollständig.

    • Abrechnung in drei Schritten nach Karlsruher Logik aufbereiten (Mittelwert – Nebenkosten – 5%‑Abzug auf Grundmiete).

Häufige Detailfragen – kurz beantwortet

  • Zählt die Mietdauerplanung oder die tatsächliche Mietdauer? – Maßgeblich ist die tatsächlich erreichte Gesamtmietdauer; die Schätzung arbeitet mit Bausteinen und Tageswerten.

  • Ist der Wohnort relevant? – Nein. Entscheidend ist der Anmietort, weil dort der Marktpreis gebildet wird.

  • Darf ich ohne Kreditkarte teurer anmieten? – Es kommt auf die reale Zugänglichkeit an. Wenn günstigere Tarife ohne Ihre verfügbaren Zahlungsmodalitäten praktisch nicht zugänglich waren, ist das in der subjektbezogenen Betrachtung zu berücksichtigen.

  • Werden Winterreifen extra bezahlt? – Häufig ja, soweit sie konkret anfielen und nicht bereits in den Grundmieten enthalten sind; viele Gerichte stützen sich dafür auf die Schwacke‑Nebenkostentabelle.

  • Gibt es pauschale Unfallersatzaufschläge? – Nur bei konkreter Darlegung unfallbedingter Mehrleistungen; pauschale Zuschläge ohne Substanz lehnt u. a. das OLG Karlsruhe ab.

Fazit: Karlsruhe steht für Ausgewogenheit – nutzen Sie das

  • Die „Fracke“-Methode (arithmetischer Mittelwert zwischen Schwacke und Fraunhofer) ist im OLG‑Bezirk Karlsruhe etabliert, transparent und vom BGH gedeckt. In Verbindung mit der klaren Nebenkostenlogik und einem maßvollen 5%‑Eigenersparnisabzug auf die Grundmiete liefert sie belastbare, streitfeste Ergebnisse.

  • Für Geschädigte bedeutet das: frühzeitig dokumentieren, Konditionen bewusst gestalten, Nebenkosten nur soweit nötig und sauber belegen, Mietdauer realistisch planen und die Karlsruher Rechenschritte in der Abrechnung nachvollziehbar darstellen. So erhöhen Sie die Chance auf weitgehende Kostenerstattung – und vermeiden typische Kürzungen.

Unsere Unterstützung im Verkehrsrecht

Unsere Kanzlei ist unter anderem auf das Verkehrsrecht spezialisiert. Ihr Ansprechpartner ist unser geschäftsführender Gesellschafter und Fachanwalt für Verkehrsrecht, Andrew Straßburger, gemeinsam mit seinem erfahrenen Verkehrsunfallteam. Wir prüfen Ihre Mietwagenrechnung und die begleitenden Unterlagen unmittelbar anhand der Karlsruher Schätzungsschritte (Fracke), der Nebenkostenlogik und des Eigenersparnis‑Ansatzes – und zeigen Ihnen, wo Sie Erstattungspotenzial sichern oder Einwände der Gegenseite effektiv entkräften. Vereinbaren Sie gern einen Termin, damit wir Ihre Ansprüche zügig und durchsetzungsstark realisieren.

Versicherungsrecht

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Die Tücke psychischer Unfallfolgen – Fall schwerster PTBS

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Wenn seelischer Schaden das ganze Leben überschattet – und Versicherer nicht zahlen wollen

Das Leben kann sich durch einen schweren Unfall schlagartig ändern – und manchmal sind die psychischen Wunden schwerer und langfristiger als die körperlichen. Immer mehr Mandanten leiden an massiven Folgen wie posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Das OLG Schleswig hat jetzt klargestellt: Wer nach einem Unfall schwere psychische Beschwerden entwickelt und dadurch dauerhaft erwerbsunfähig wird, bekommt grundsätzlich auch aus der Unfallversicherung Leistungen – ABER: Die Gerichte prüfen sehr streng, ob der Versicherte alles unternommen hat, um die Behandlung aufzunehmen und eine Chronifizierung zu vermeiden.


In dem Fall hatte ein Geschädigter seine ärztlich empfohlene Therapie abgebrochen und sich stattdessen selbst behandelt. Das Urteil war dramatisch: Die Versicherung war nicht verpflichtet, für die verschlimmerte, chronifizierte psychische Erkrankung voll zu leisten. Für Betroffene kann diese strenge Handhabung das endgültige Abrutschen ins soziale Abseits bedeuten – nach schwerem Unfall nun noch die Existenzangst.


Unser Rat: Achten Sie genau auf eine lückenlose medizinische Behandlung, dokumentieren Sie Ihren Leidensweg – und lassen Sie sich beim Streit mit der Versicherung von Anfang an rechtlich begleiten.
Ihr kompetenter Ansprechpartner für alle Fragen rund um Unfallfolgen und Versicherungsleistungen ist Rechtsanwalt Andrew Straßburger von der Kleiser Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.


OLG Schleswig, Az. 7 U 137/22

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